Krieg gegen die Ukraine: Hilfe für Flüchtlinge und Vertriebene
Stand: 09.09.2024
Nach mehr als zwei Jahren Krieg sind Raketenangriffe auf Zivilisten in der Ukraine alltäglich geworden. Raketen werden auf Städte und Dörfer abgefeuert. Krankenhäuser, Kindergärten, Wohnhäuser - sie alle sind Ziel russischer Raketen. Aber auch die Energieinfrastruktur ist unter Beschuss, was insbesondere die Strom- und Wärmeversorgung im Winter gefährdet.
Der UNHCR und Partnerorganisationen sind vor Ort und leisten mit Hochdruck humanitäre Erstversorgung für die betroffenen Menschen. Notfallversorgung und Unterkünfte werden für Menschen in Not zur Verfügung gestellt. Weitere Hilfsmaßnahmen umfassen Bargeld, psychosoziale Unterstützung und rechtliche Beratung durch Expert*innen des UNHCR.
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Mit der russischen Invasion am 24. Februar 2022 eskalierte der bereits seit 2014 im Osten der Ukraine schwelende Konflikt. Zwischenzeitlich war ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung auf der Flucht. Damit wurde die Ukraine zum Schauplatz der größten Vertreibungskrise der Welt.
Über 10 Millionen Ukrainer*innen auf der Flucht
Momentan sind schätzungsweise rund 3,6 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. Mehr als 6,5 Millionen Menschen aus der Ukraine haben Zuflucht im Ausland gefunden. Davon leben rund 6 Millionen Menschen mittlerweile in europäischen Staaten als Flüchtling.
Da es innerhalb des Schengen-Raumes jedoch nur wenige Grenzkontrollen gibt, bleibt es schwierig, genaue Zahlen zu ermitteln. Denn viele Menschen gehen auch immer wieder in die Ukraine zurück, wenn ihre Heimatregionen als sicher gemeldet werden. Die Hilfsorganisationen sprechen von "Pendelbewegungen".
Eine Umfrage des UNHCR hat gezeigt, dass mehr als zwei Drittel der Vertriebenen den Wunsch hegen, in ihre Heimat zurückzukehren. Die Hauptmotivation ist für sie die Aussicht auf die Wiedervereinigung mit ihrer Familie. Der anhaltendene Krieg sowie der Mangel an Arbeitsplätzen und fehlender Wohnraum hindert die Menschen jedoch oftmals, den Schritt zurück in ihre Heimat zu wagen.
Exodus in Zahlen
ukrainische Flüchtlinge in Europa - der Großteil von ihnen sind Frauen & Kinder.
Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht.
sind in der Ukraine auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Das UNHCR-Datenportal liefert regelmäßig die neusten Zahlen und Informationen
zur Situation der Flüchtlinge aus der Ukraine: https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine/
Die humanitären Folgen für die Zivilbevölkerung werden verheerend sein.
Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge
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Hintergründe eines Konfliktes
Tödlicher Konflikt mitten in Europa
Der Konflikt begann bereits im Frühjahr 2014. Seitdem schwelt im Osten der Ukraine ein nicht endender Kampf, in dem bereits tausende Zivilisten getötet und verletzt wurden.
Für die Menschen in der Ostukraine gehörten seit Jahren die Angst vor Beschuss, gewaltsamen Zusammenstößen oder die Gefahr durch die vielen Landminen und Blindgänger zum Alltag. Die Versorgung der Bevölkerung, vor allem der älteren Menschen, Kranken und Behinderten, war extrem schwierig
Im Verlauf der letzten Jahre bemühten sich zwar die beteiligten Akteure und Dritte mehrfach um die Umsetzung eines Waffenstillstandes. So einigte man sich bereits Anfang 2015 mit der Annahme des Minsker Abkommens auf einen teilweisen Waffenstillstand entlang der rund 450 Kilometer langen "Kontaktlinie", die das Gebiet in unter und außerhalb der Kontrolle der ukrainischen Regierung unterteilt. Doch dieser hielt - ebenso wie alle seitdem ausgehandelten Feuerpausen - nicht.
UNHCR seit fast 30 Jahren aktiv
Der UNHCR ist seit 1994 in der Ukraine tätig und hat Büros an sechs Standorten im ganzen Land sowie Lager in drei Gebieten, um humanitäre Hilfsgüter zu lagern.
Schon vor Beginn der jetzigen Militäraktion war der humanitäre Bedarf hoch. Rund 3 Millionen Menschen waren auf Hilfe angewiesen, darunter mehr als 850.000 Binnenvertriebene, sowie rund 5.000 Asylsuchende und Flüchtlinge, die in der Ukraine Zuflucht gesucht hatten, und etwa 36.000 Staatenlose und von Staatenlosigkeit bedrohte Menschen.
Als wir im Wohnheim ankamen, habe ich mich gefragt, wie wir den Winter überleben sollten."
Der UNHCR setzt alles daran, Vertriebenen im kalten ukrainischen Winter Wärme und Sicherheit zu bieten. Die Initiativen bringen Hoffnung inmitten der eisigen Realität für diejenigen, die unter den Folgen des Krieges leiden.
Mehr dazu finden Sie in unserem Blog:
Humanitäre Hilfe inmitten einer Militäroffensive
Der UNHCR hat die Ukraine zu einem Notfall der Stufe Drei erklärt. Das ist die höchste Notfall-Stufe überhaupt, bei der umfassende Hilfsoperationen in Gang gesetzt werden.
Die UNHCR-Teams haben alle Notfallmaßnahmen aktiviert, um Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und vom Konflikt betroffenen Menschen gleichermaßen zu helfen. Angesichts der enormen Bedürfnisse wird der UNHCR seine Hilfsmaßnahmen auf die Bereitstellung von Unterkünften, grundlegender Hilfsgüter und Bargeldhilfen konzentrieren und sich dafür einsetzen, dass alle Schutzbedürftigen ihre Rechte wahrnehmen können.
Soweit es die Sicherheitslage innerhalb der Ukraine zulässt, kümmern sich die UNHCR-Helfer*innen um die Verteilung von Nothilfepaketen mit Basishilfsgütern, wie Decken und Wasserkanistern. Dazu stehen sie in Kontakt mit lokalen Partnerorganisationen sowie Vertreter*innen von Binnenvertriebenengemeinschaften, um die Bedürfnisse zu erheben und sichere Orte für die Betroffenen zu finden. Des Weiteren verstärkt der UNHCR landesweite Hotlines, um wichtige Informationen für Vertriebene bereitzustellen. Zusätzliche lebensnotwendige Vorräte aus den weltweiten Lagerbeständen des UNHCR werden eingeflogen, um schnell auf neue Vertreibungen reagieren zu können. Seit 2022 hat der UNHCR mehr als 4,3 Millionen Menschen in der Ukraine mit Unterstützung erreicht
Im Jahr 2024 hat der UNHCR in der Ukraine eine Vielzahl von Dienstleistungen bereitgestellt, um den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden, die von der humanitären Krisen betroffen sind. Dazu gehören die Bereitstellung von Notunterkünften, psychosoziale Unterstützung, rechtliche Beratung sowie Bargeld- oder Sachleistungen. So wurden knapp 100.000 Personen finanziell unterstützt, die vom Konflikt betroffen waren. Diese Hilfe ist entscheidend, um Grundbedürfnisse wie Nahrung, Medikamente, Kleidung, Unterkunft und Versorgung mit Energie zu decken. Zusammen mit Partnern hat der UNHCR auch bei der Reparatur und Wiederherstellung beschädigter Wohnhäuser und ziviler Infrastruktur in ganz Ukraine geholfen. Im ersten Quartal 2024 wurden über 27.000 Personen Notunterkünfte gewährt.
Hilfe in den Nachbarländern
Bisher haben alle Nachbarländer ihre Grenzen für Flüchtlinge aus der Ukraine offen gehalten. Der UNHCR appelliert an die Regierungen nachdrücklich, allen Flüchtlingen weiterhin Zugang zum Territorium zu gewähren: Ukrainer*innen und in der Ukraine lebenden Drittstaatsangehörigen, die nun gleichermaßen gezwungen sind, vor der Gewalt zu fliehen.
In den benachbarten Ländern unterstützt der UNHCR die jeweiligen Behörden und lokalen Hilfsorganisationen, um den Flüchtlingen, die über die Grenzen kommen, angemessen helfen zu können und den notwendigen Schutz der Menschen zu gewährleisten. Besondere Aufmerksamkeit gilt den besonders verletzlichen Gruppen wie unbegleiteten Kindern, älteren und behinderten Menschen. Sie erhalten essenzielle Hilfen und Zugang zu aufnehmende Institutionen.
Was ist die "Massenzustrom-Richtlinie"?
Die sogenannte "Massenzustrom"-Richtlinie garantiert Kriegsflüchtlingen einen vorübergehenden Schutz in der EU, jenseits des individuellen Asylverfahrens und jenseits des Dublin-Systems.
Die Richtlinie wurde in den 1990er-Jahren aufgrund des Krieges im ehemaligen Jugoslawien von der EU geschaffen, um bei einem massiven Zustrom Geflüchteter Mindeststandards für die Gewährung vorübergehenden Schutzes in den Mitgliedsstaaten sowie Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen festzulegen. Dazu gehört zum Beispiel:
- eine Arbeitserlaubnis für die Vertriebenen,
- sowie Zugang zu Sozialhilfe, medizinischer Versorgung oder
- Bildung für Minderjährige.
Zum Schutz der Flüchtlinge aus der Ukraine beschlossen die Mitgliedstaaten am 3. März 2022, diese Richtlinie erstmals zu aktivieren. Bis dahin war sie noch nie genutzt worden. Für ukrainische Staatsangehörige gilt der Schutz für ein Jahr. Danach kann er je nach Situation halbjährig verlängert werden. In dieser Zeit können Schutzsuchende sich ohne Visum in den europäischen Mitgliedsstaaten bewegen.
Riesiger Hilfsbedarf für die Ukraine
Um den Millionen Menschen in der Ukraine und in den Nachbarländern die Notfallversorgung und Schutz, sowie Unterkünfte und Bargeldhilfen zur Verfügung stellen zu können, benötigt der UNHCR 2024 993,3 Millionen US-Dollar.
2022 konnte die UNO-Flüchtlingshilfe die Hilfe für die Menschen in der Ukraine und den Nachbarländern mit 38,9 Millionen Euro unterstützen. Gleichzeitig wurden Projekte in Deutschland für ukrainische Flüchtinge mit über 900.000 Euro gefördert. 2023 wurden Hilfsmaßnahmen für Geflüchtete in der Ukraine und den Nachbarländern von der UNO-Flüchtlingshilfe mit 8,42 Mio. Euro unterstützt.
Was umfasst die Ukraine-Soforthilfe?
Grundlegende Hilfsgüter wurden in den Nachbarländern vorpositioniert und werden an die Neuankömmlinge verteilt. Dazu gehören Wärmedecken und andere dringend benötigte Gegenstände, da flüchtende Familien oftmals ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen müssen. Ein weiterer Bestandteil ist die Rechtsberatung sowie Bargeldhilfe, damit insbesondere die am stärksten gefährdeten Personen ihre Grundbedürfnisse decken können.
Wie werden Flüchtlinge aus der Ukraine geschützt?
Der UNHCR unterstützt die Behörden bei der Registrierung von Neuankömmlingen. Das erleichtert u.a. die Identifizierung der am stärksten gefährdeten Personen und Personen mit besonderen Bedürfnissen wie unbegleitete Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und andere Personen, die von einer Vertreibung besonders bedroht sind.
Auch in der Ukraine unterstützt UNHCR vertriebene Menschen, mit Hilfsgütern, Material zur Reparatur von Gebäuden und finanzieller Unterstützung.
Was sind die Blue Dots?
Um bei der gleichzeitigen Flucht von vielen Menschen, besonders gefährdete Personen, wie Menschen mit Behinderungen, Kinder, Ältere oder Kranke, Menschen, die möglicherweise Opfer von Menschenhandel geworden sind, Überlebende von Gewalt und Flüchtlinge aus der LGBTQI+-Szene besonders zu unterstützen und zu helfen, haben UNHCR und UNICEF gemeinsam die sogenannten Blue Dots eingerichtet.
Blue Dots sind sichere Orte und Räume, in denen besonders gefährdete Flüchtlinge Informationen, Unterstützung und Gesundheitsversorgung, Bildung, psychosoziale Unterstützung und vieles mehr erhalten. Zu erkennen sind sie an dem Symbol eines blauen Punktes.
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde in den Nachbarländern, in denen Flüchtlinge aus der Ukraine ankommen, über 40 Blue Dots eröffnet. Mittlerweile sind es noch 15:
Moldawien 7
Slowakei 6
Slowenien 1
Belarus 1
Mehr Informationen zu den Blue Dots, wo sie sich befinden und welche konkrete Hilfe vor Ort angeboten wird, finden Sie hier: https://bluedothub.org/
Wie wird die Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine koordiniert?
Der UNHCR hat eine Koordinierungsrolle. Das heißt, dass der UNHCR gemäß seinem Mandat einen regionalen Refugee Response Plan (RRP) entwickelt. Bei der Ausführung sind verschiedene Partner beteiligt: UNDP, WHO, Save the Children, HelpAge International, INTERSOS, Project Hope, UNFPA, NRC, UNICEF, WFP und IOM.
Der UNHCR unterstützt gleichzeitig die Behörden in den Aufnahmeländern. Dazu wurden zusätzliche Mitarbeiter*innen u.a. nach Moldawien, Polen und Rumänien entsendet.
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