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"Mein Weg durch die Hölle"

Feven musste aus Eritrea fliehen. In Libyen ging sie durch die Hölle, bevor sie mit einem Boot über das Mittelmeer entkam und dort durch eine NGO gerettet wurde.

Lesedauer: 6 Minuten

Feven* blickt immer wieder auf ihre Füße. Die Stimme der 18-Jährigen ist nur ein Flüstern und geht in dem Stimmengewirr von Dutzenden Asylbewerbern in einem Aufnahmezentrum auf der italienischen Insel Sizilien fast unter. Die Erinnerungen an ihre Tortur sind noch frisch.

„Wir hatten nur zwei Toiletten für 130 Leute. Wir mussten alle an Deck des Bootes schlafen, manche konnten im Schatten liegen, viele aber nicht. Wir mussten uns abwechseln“, sagt sie.

 

Und doch hatte Feven Glück.

Die junge Frau wurde am 1. August vom Seenotrettungsschiff Open Arms im Mittelmeer gerettet. Erst zwei Wochen später konnte sie, zusammen mit 13 weiteren Personen, aus medizinischen Gründen von dem Schiff nach Lampedusa evakuiert werden. Die etwa 100 weiteren Menschen mussten für weitere sechs Tage auf dem Schiff ausharren.

Fevens Odysee begann Anfang 2017, als sie aus Eritrea floh. Sie war damals erst 15 Jahre alt und machte sich alleine auf den Weg. Kein Angehöriger begleitete sie. Bis heute kann sie nicht über ihre Reise nach Libyen oder ihre Erfahrungen sprechen, die sie während der 18 Monate machte, als sie in einem von Menschenhändlern betriebenen Hangar eingesperrt war.

Menschenhändler sperren Migranten und Asylsuchende in Libyen oft monatelang ein, bevor sie sie mit einem Boot Richtung Europa bringen. Viele Flüchtlingsfrauen in Libyen erleben Gewalt, Vergewaltigung und Folter durch Menschenhändler, die so von zurückgebliebenen Familienmitglieder Geld erpressen. Immer wieder werden Flüchtlinge auch getötet.

Feven wurde erst nach über einem Jahr von den Menschenhändlern auf ein Boot gebracht, auf dem sich insgesamt 52 Menschen befanden, darunter 15 Frauen und zwei Kinder. Die Reise war ein Albtraum.

"Wasser lief ins Innere des Bootes."

"Das Holzboot lag zwei Tage lang auf See vor Libyen fest. Der Motor war kaputt. Das Boot hatte ein Leck und es lief Wasser ins Innere. Die Wellen waren so hoch. Wir hatten Angst, aber wir kamen aus der Hölle. Wir hatten keine Angst zu sterben. Dann hat uns die Open Arms gerettet", sagt sie.

Doch die vermeintliche Rettung war der Beginn neuer Qual: Zwar mussten die Geretteten nicht mehr auf einem klapprigen Boot um ihr Leben fürchten. Angst hatten sie dennoch, denn niemand verstand, was genau vor sich ging. Während der vielen Tage, die vergingen, stieg ihre Angst.

"In den Gesichtern der Besatzung an Bord konnten wir ablesen, dass es Probleme gab.

Wir durften das Schiff nicht verlassen, weil Europa uns nicht wollte.

Dann begannen wir zu befürchten, dass wir in die Hölle zurückgeschickt werden könnten: Libyen."

Der UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, appellierte an die europäischen Regierungen, den Betroffenen zu gestatten, die Open Arms zu verlassen. Nachdem ein italienisches Gericht eingegriffen hatte, durften einige Tage nach Feven, auch die anderen Passagiere das Schiff verlassen.

 

Seenotrettung – eine humanitäre Notwendigkeit

Die Rettung auf hoher See ist nicht nur eine humanitäre Notwendigkeit sondern auch eine völkerrechtliche Verpflichtung. Trotzdem wurde in den letzten Jahren zunehmend behindert. Mehr als 1800 Menschen sind im vergangenen Jahr im Mittelmeerraum ums Leben gekommen oder werden vermisst.

Internationale Organisationen fordern deshalb:

  • mehr Such- und Rettungskapazitäten im zentralen Mittelmeer
  • Unterstützung von NGO-Booten, die Leben retten.
  • Kooperation von Mittelmeeranrainerstaaten, um schnelle und vorhersehbare Landungen zu gewährleisten
  • Aufgrund der intensiven Kämpfe sowie der weit verbreiteten Berichte über Menschenrechtsverletzungen, einschließlich willkürlicher Inhaftierungen, kann Libyen nicht als sicherer Hafen angesehen werden, und niemand sollte dorthin zurückgebracht werden.

Hier finden Sie mehr Informationen zu der aktuellen Situation in Libyen.

*Name wurde geändert

 

 

 

 

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