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Games - Auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan

"Games, so nennt man die Versuche über eine Grenze zu kommen. Nicht im Sinne eines Spiels, aber im Sinne von „sein Schicksal testen“. Man kann ein Game gewinnen, aber auch verlieren."

Mit diesen Worten beginnt die Graphic Novel „Games“ von Patrick Oberholzer, die sich mit der Flucht aus Afghanistan beschäftigt. Wir haben uns mit dem jungen Autoren über die Entstehung des Buches unterhalten, das für eine Graphic Novel ungewöhnlich detailgenau, mit Geschichten von jungen Geflüchteten und den Hintergründen von Fluchtbewegungen aus Afghanistan, kaum eine Frage offen lässt.

Hallo Patrick,
kannst Du uns kurz skizzieren, wie es dazu kam, dass Du diese Graphic Novel gezeichnet und geschrieben hat? 

Das Buchprojekt »Games« entspringt einer Zufallsbegegnung. Begonnen hat alles im Sommer vor drei Jahren, als die Taliban gerade die Macht in Afghanistan übernommen hatten. Der »Fall von Kabul« war in allen Schlagzeilen, als ich an einer Geburtstagsfeier einen jungen Afghanen kennenlernte. Er war bereits einige Jahre in Europa und hat mir von sich aus ein bisschen von seiner Flucht erzählt – ich wagte damals aber nicht, weiter nachzufragen. Es dauerte einige Zeit, bis ich realisiert habe, wie gut sich das komplexe Thema Flucht eignen würde, als Graphic Novel erzählt zu werden.  

Der Wunsch, einen Comic zu gestalten, begleitet mich schon das ganze Leben. Man braucht dafür viel Zeit, Hingabe und eine starke Idee. Diese Idee hat mir lange Zeit gefehlt, bis es dann zu diesem Moment kam, der das Projekt ins Rollen gebracht hat. 

Und wie hast Du Kontakt zu den Geflüchteten aus Deinem Buch bekommen?

Ich nahm mit meinem afghanischen Bekannten von der Geburtstagsfeier Kontakt auf und führte mit ihm das erste von vielen Interviews. Über Sozialämter und Hilfsorganisationen fand ich vier weitere Freiwillige, die ebenfalls bereit waren, ihre Geschichten zu teilen.

Es ist ja manchmal sehr belastend für Flüchtlinge über ihre Erlebnisse zu sprechen. Wie seid ihr damit umgegangen?

Die Interviews, die ich mit den Geflüchteten führte, waren sehr aufwühlend – für mich und für sie. Viele von ihnen haben schlimme Dinge erlebt, die sie auch heute noch in Gedanken bei sich tragen. Es war oft schwierig zu entscheiden, wie ausführlich man diese belastenden Erinnerungen bespricht – und wie detailliert oder abstrakt man diese danach abbilden soll.

Warst Du jemals in Afghanistan? Wie hast Du es geschafft, so viele Informationen zusammenzutragen?

Die Bildwelt in dieser Comic-Dokumentation ist eine Fusion aus den Bildern, die diese Erzählungen in mir hervorgerufen haben, und einer umfangreichen Bildrecherche. 

Die Bildrecherche war wichtig, um diese Welt glaubhaft darstellen zu können, denn ich selbst war bisher nicht in Afghanistan, und die Grenzgebiete, in denen sich der Kern dieser Geschichten abspielt, sind kaum zugänglich. Meine Entwürfe habe ich mit den ProtagonistInnen immer wieder besprochen und weiterentwickelt. 

Noch zeitintensiver war die Recherche für das Hintergrundwissen, das ich in diesem Buch vermitteln wollte. Es war sehr herausfordernd, die ständig wechselnden migrationspolitischen Gegebenheiten in den verschiedenen Ländern auf der Fluchtroute kompakt und verständlich zusammenzufassen. 

Was war Dein vornehmliches Ziel, als Du „Games“ angefangen hast?

»Games« soll auf sachliche, aber schonungslose und eindringliche Art vermitteln, wie Flüchten funktioniert. Es ist mir einerseits wichtig, dass in diesem Buch geflüchtete Menschen ihre Erlebnisse schildern können und so eine Stimme erhalten. Gleichzeitig wollte ich das Hintergrundwissen dafür zusammentragen, dass es braucht, um das gezeigte einordnen zu können. 

Gibt es etwas, das Dich besonders beeindruckt hat? 

Für mich war dieses Projekt eine extrem spannende Herausforderung. Ich habe Interviews geführt, neue Menschen kennengelernt, viel zum Thema gelesen, recherchiert, skizziert und gezeichnet. Die zahlreichen persönlichen Begegnungen mit den Interviewpartner*innen waren inspirierend. Es ist wirklich beeindruckend, wie sie innerhalb kürzester Zeit die Sprache gelernt und sich hier ein neues Leben aufgebaut haben. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich den Aufwand, eine solche Graphic Novel herauszugeben, etwas unterschätzt habe. Die ganze Recherche, die Vorbereitungen, das Planen der Seiten und das Schreiben der Texte hat bestimmt gleich viel Zeit eingenommen wie die Gestaltung. In dieser Zeit gab es viele Hoch- und Tiefpunkte. Das ist bei längeren Projekten wohl normal – aber die Erkenntnis, dass man diese Tiefpunkte überwinden kann, ist doch eine wirklich tolle Erfahrung. Umso mehr freue ich mich jetzt, das fertige Buch in den Händen zu halten.

Vielen Dank, Patrick, dass Du uns Einblicke in Deine Arbeit gegeben hast, wie Du eine Story entwickelst und die Buchgestaltung abläuft. 

Buchempfehlung „Games“

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