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Unermüdlicher Einsatz für vertriebene LGBTQI-Menschen

Die kolumbianische Transfrau María Victoria setzt sich tatkräftig für den Schutz der Rechte von vertriebenen LGBTQI+ Menschen in Chocó, Kolumbien, ein und macht ihr Engagement zu ihrem Lebensinhalt.

Wenn sie durch die Stadt Quibdó am Ufer des Atrato-Flusses im Nordwesten Kolumbiens geht, wird María Victoria Palacios, eine 36-jährige afrokolumbianische Transfrau, von ihren Nachbarn gegrüßt, angelächelt und mit guten Wünschen bedacht. Durch ihre Ausstrahlung und ihre Rolle als Aktivistin ist sie in der Gemeinde gut angesehen.

María Victoria fühlte sich schon in jungen Jahren zu Führungsaufgaben berufen. "Irgendwann wurde mir die Frage gestellt: Werden Menschenrechtsverteidiger geboren oder gemacht? Und meine Antwort war: Sie werden geboren."

Sie wuchs in Quibdó im kolumbianischen Departement Chocó auf, einer der Regionen, die am stärksten von dem seit langem andauernden internen bewaffneten Konflikt des Landes betroffen sind. Umgeben von Gewalt sind junge Menschen dort ständig von Binnenvertreibung bedroht und sehr anfällig für Depressionen, Drogenmissbrauch und sogar Selbstmord.

Vor diesem Hintergrund begann María Victoria im Alter von 15 Jahren, gefährdeten Jugendlichen, die schwierige Zeiten durchmachten und sich einsam, ängstlich und frustriert fühlten, psychologische Ersthilfe zu leisten. Einige von ihnen gehörten der LGBTQI+-Gemeinschaft an. Da sie in einer konservativen Familie aufgewachsen war, in der sie nicht sein konnte, wer sie wirklich war, verstand María Victoria deren Probleme. Durch Beratung gewann sie schließlich die Kraft, ihrer Familie von ihrer sexuellen Orientierung zu erzählen, obwohl sie wusste, dass diese sie ablehnen würde. Mit der Zeit entdeckte sie ihre Lebensaufgabe: Sie setzte sich für die Rechte von LGBTQI+ Menschen in Chocó ein.

Wegen ihrer sexuellen Orientierung im Visier

Kolumbien hat die zweitgrößte Zahl an Binnenvertriebenen weltweit, von denen 6,8 Millionen noch immer Hilfe benötigen. Afrokolumbianische und indigene Gemeinschaften sind unverhältnismäßig stark von dem bewaffneten Konflikt betroffen und haben ein höheres Risiko, vertrieben zu werden, während afrokolumbianische und indigene LGBTQI+-Personen sogar noch stärker gefährdet sind, da sie häufig aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von bewaffneten Gruppen angegriffen werden. Oftmals sind sie in ihren eigenen Gemeinschaften isoliert und haben nur zwei Möglichkeiten: ihre Geschlechtsidentität aufzugeben oder ihre Heimat zu verlassen.

Wenn sie dies tun, bedeutet die Ankunft an einem neuen Ort nicht immer, dass sie dort Frieden finden. "Für eine transsexuelle Person bedeutet ein Umzug oft, dass sie Diskriminierung und Gewalt erdulden muss", sagt María Victoria.

Die von ihr 2015 gegründete Organisation Latidos Choco hat sich zum Ziel gesetzt, dies zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die Rechte der LGBTQI+-Gemeinschaft garantiert werden.

In weniger als 10 Jahren ist es María Victoria gelungen, den Zugang zur Hochschulbildung für Trans-Personen in Quibdó sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass der Name auf ihrem Abschlusszeugnis ihre Identität widerspiegelt. Sie ist auch die Verbindungsperson zwischen der Trans-Gemeinschaft und der Stadtverwaltung von Quibdó, damit vertriebene Trans-Personen in alle öffentlichen Maßnahmen einbezogen werden und Zugang zu Gesundheitsdiensten erhalten.

    Ich habe das Gefühl, dass sie mich brauchen. Also bin ich hier.

All das hat sie in einem oft feindseligen Umfeld erreicht. "An einem bestimmten Punkt in meinem Leben wollte ich den Prozess aufgeben. Aber sie riefen mich an und sagten: 'María Victoria, ich habe ein Problem', und ich hatte das Gefühl, dass sie mich brauchten. Also bin ich hier. Das macht mich glücklich."

Sichere Räume schaffen

Für María Victoria sind die Menschen, für die sie sich einsetzt, ihre Familie.

"María Victoria ist wie eine Mutter für uns alle", stimmt Sharok zu, eine afrokolumbianische Transfrau, die innerhalb des Landes vertrieben wurde. "In dieser Rolle kümmert sie sich um alles, nicht nur um Beratungsfragen. Sie schafft auch diese sicheren Räume, in denen wir alle zusammenkommen, unsere Sorgen beiseite legen und uns als Gemeinschaft austauschen können."

Sharok musste 2002 nach einem Massaker in Boyacá, Chocó, aus ihrer Heimat fliehen, bei dem mehr als 4.000 Menschen vertrieben wurden. Erst 2018 wandte sie sich an María Victoria, um Hilfe zu erhalten. Sharok brauchte dringend eine geschlechtsangleichende Operation, aber das Gesundheitssystem verweigerte sie. María Victoria unterstützte sie in einem langen, aber erfolgreichen Rechtsstreit, um die Operation zu erhalten, und die beiden arbeiten nun Hand in Hand, um Latidos Chocó zu betreiben.

Gemeinsam mit dem UNHCR ist María Victoria in abgelegene Gebiete im Chocó gereist, wo viele Binnenvertriebene leben - die meisten von ihnen indigene und afrokolumbianische Menschen -, um das Bewusstsein für die Rechte von LGBTQI+ Menschen zu schärfen. Sie hat die lokalen Behörden, einschließlich der Polizei, geschult, um eine integrativere Gesellschaft zu schaffen.

In diesem Jahr arbeitet der UNHCR mit Latidos Chocó zusammen, um ihre Aktivismus- und Advocacy-Aktivitäten zu unterstützen und ihre Netzwerke mit anderen LGBTQI+ Organisationen in der Region zu stärken.

Ihr nächstes Projekt? Die Einrichtung von "La Casa Rosa" (Das rosa Haus), einem sicheren Haus für LGBTQI+-Personen, die Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt und Vertreibung sind, wo sie mit Unterstützung eines fachkundigen und interdisziplinären Teams einen Heilungsprozess durchlaufen werden.

María Victoria hofft, dass eines Tages niemand mehr gezwungen sein wird, das Zuhause aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechteridentität verlassen zu müssen. Doch bis es soweit ist, wird sie sich weiterhin unermüdlich für diese Menschen einsetzen. 

"Wir müssen dem Staat sagen: 'Wir sind hier, wir leben, das passiert mit uns'", sagt sie.

Wir müssen in der Lage sein, uns frei zu bewegen und Menschen zu sein, die sich nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität verfolgt fühlen.

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