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Hilfe und Hoffnung auf drei Rädern

Vom UNHCR gespendete Fahrräder und Dreiräder erleichtern die humanitäre Hilfe in der Ostukraine.

Infolge des tödlichsten Konflikts der letzten zwei Jahrzehnte in Europa wurden in der Ukraine mehr als 20.000 Zivilisten getötet oder verletzt, rund 2,9  Millionen Menschen sind durch den Konflikt auf Hilfe angewiesen. Seit Ausbruch des Konflikts 2014 ist die Situation zwischen den Konfliktparteien angespannt. Die COVID-19-Pandemie hat die Herausforderungen noch verschärft.

Trotz des anhaltenden Konflikts war die humanitäre Hilfe in der Ostukraine in den letzten Jahren stets unterfinanziert. Der UNHCR benötigt dringend weitere Mittel, um auf die humanitäre Krise und die Gesundheitskrise zu reagieren und gefährdete Menschen in Konfliktgebieten zu unterstützen.

Abgeschnitten

Ievdokia Chepel ist 76 Jahre alt und lebt im ländlichen Osten der Ukraine. Nach jahrzehntelanger Arbeit in einer Fabrik ist sie nun im Ruhestand. In ihrem Leben hat sie einige Schicksalsschläge erlitten: sie ist verwitwet und ihr Sohn ist vor zwei Jahren verstorben. Ihre Tochter und ihre Enkelin sieht sie nur selten, die beiden leben in Luhansk, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, auf der anderen Seite der Kontaktlinie zwischen staatlichem und nichtstaatlichem Gebiet.

Isolation und Einsamkeit

Ievdokia fühlt sich oft einsam, sie leidet unter gesundheitlichen Problemen und der achtjährige Konflikt in der Region und in jüngster Zeit die COVID-19-Pandemie haben ihr Gefühl der Isolation noch verschlimmert.

Ich fühle mich sehr isoliert und einsam. Es ist schwer, allein zu leben", sagte sie unter Tränen. 

Damit geht es ihr wie vielen älteren Menschen im ländlichen Osten der Ukraine.

Hilfe auf drei Rädern

Doch seit letztem Jahr kommt Hilfe in unerwarteter Form: auf drei Rädern. Freiwillige Helfer*innen nutzen die vom UNHCR gespendeten Fahrräder und Dreiräder, um gefährdete Menschen in der Ostukraine zu erreichen - Tetiana Vasiukova ist eine dieser Helfer*innen. Die 68-jährige arbeitete früher als stellvertretende Bankdirektorin in Luhansk, hat sich aber seit ihrer Pensionierung der Hilfe für die vom Konflikt Betroffenen verschrieben. Als Einheimische kennt sie die Probleme der Menschen, von denen viele auf kleinen Grundstücken leben, auf denen sie ihr eigenes Gemüse anbauen.

Alle paar Tage belädt Tetiana ihr elektrisches Dreirad in einem Dorf in der Region Luhansk mit Hilfsgütern. Dann fährt sie durch die örtlichen Gemeinden, um den isolierten Bewohnern Hilfe und Gesellschaft zu leisten. Viele der Menschen, die sie besucht, sind durch den Konflikt vertrieben worden, und andere, wie Ievdokia, laufen Gefahr, aus ihren Häusern vertrieben zu werden.

Fast jeden Tag nehme ich mein Elektrofahrrad und fahre zu einem Geschäft oder einer Apotheke, um für die älteren Menschen in unserer Gemeinde einzukaufen", sagt sie.

Die Bewohner sind stark auf die Hilfe der Freiwilligen angewiesen.

Ich bin sehr dankbar, dass Tetiana mich regelmäßig besucht",

sagte Ievdokia. "Sie kümmert sich um mich und hilft mir. Dadurch fühle ich mich viel besser."

Elektrofahrräder überwinden Grenzen

Früher lieferten Tetiana und andere Freiwillige Lebensmittel und Medikamente mit Bussen oder Taxis aus. Doch im vergangenen Jahr stellte das UN-Flüchtlingshilfswerk, UNHCR, mit Mitteln der Europäischen Union 228 Fahrräder und 35 Elektro-Dreiräder für medizinische und soziale Mitarbeiter zur Verfügung.

Mit einem Elektrofahrrad bin ich nicht an jemanden gebunden. Ich fahre einfach, wenn ich muss, und muss mir keine Gedanken über schwere Taschen machen",  sagte Tetiana.

Die neuen Transportmittel tragen dazu bei die Kosten für die Freiwilligen niedrig zu halten. Gleichzeitig sind einige Häuser, zu denen man aufgrund der manchmal schlechten Straßen nur schwer kommt, besser erreichbar. Die Fahrräder und Dreiräder sind mit Körben ausgestattet und können bis zu 40 km/h schnell fahren. Sie haben eine Reichweite von 40 Kilometern, bevor sie aufgeladen werden müssen.

Die Pandemie hat den Bedarf an humanitärer Hilfe in der Ostukraine verschärft. Dort sind aufgrund des Konflikts 2,9 Millionen Menschen auf Schutz und Hilfe angewiesen sind. Ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und alleinstehende Frauen gehören zu den am meisten gefährdeten Personen.

Neue Möglichkeiten

Die Förderung neuer Technologien ist in einer Region, in der es manchmal an Infrastrukturen wie medizinischen Einrichtungen, Banken und Postämtern mangelt, sehr wichtig.

So haben der UNHCR und sein NRO-Partner Proliska 2019 in der Region Luhansk am Fußgängerkontrollpunkt Stanytsia Luhanska an der Kontaktlinie einen Elektroauto-Service eingerichtet. Dort mussten die Menschen aus Sicherheitsgründen aus den Fahrzeugen aussteigen und zu Fuß weitergehen. Für ältere Menschen, Kranke und Behinderte eine große Schwierigkeit. Der Fahrdienst kann 400 Personen pro Tag befördern. Schwangere Frauen und Kinder, Menschen mit Behinderungen und Menschen über 75 Jahren haben Vorrang.

Außerdem haben Hilfsorganisationen zusammen mit dem UNHCR und Proliska zwei Bushaltestellen in Stanytsia Luhanska eingerichtet, die mit Solarpaneelen und Steckdosen zum Laden von Smartphones und Tablets ausgestattet sind. Die Ladestationen und das bereits installierte Wi-Fi sind während der Pandemie besonders nützlich, wenn jeder eine App zur Kontaktverfolgung nutzen muss.

Die Technologie und die Bereitschaft der Freiwilligen bedeuten, dass es auch angesichts der schwierigen Situation Hoffnung gibt.

Viele Menschen können nicht kommen und sich um ihre Grundstücke kümmern, die Häuser stürzen langsam ein und auf jedem zweiten Grundstück wächst Unkraut. Aber jeden Morgen schalte ich mein elektrisches Dreirad ein und fühle mich besser, weil ich weiß, dass ich diesen Ort besser machen kann, indem ich den Menschen helfe",  sagt Tetiana.

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