Anerkennung schafft Chancen
Wenn Dr. Fatima Abdolgadir, Hassan Zakaria und Yacoub Idriss heute im Krankenhaus des Flüchtlingslagers Aboutengue ihre Schichten beginnen, erinnern sie sich an ein anderes Leben: an volle Stationen in Khartum und El-Geneina, an Operationen, Rettungen – und schließlich an den Moment, als der Krieg ihre Arbeit beendete.
Als die Kämpfe ihre Heimatstadt El-Geneina erreichten, versuchten sie zunächst zu bleiben und zu helfen.
Wir riefen medizinisches Personal zusammen, um die nötigen Dienste anzubieten. Wir eröffneten eine Notfallstation, um Verletzten oder jenen, die chirurgische Eingriffe benötigten, zu helfen.“
Doch die Lage verschlechterte sich dramatisch: Medikamente, Nahrungsmittel und Wasser wurden knapp. Verwundete strömten ununterbrochen herein, während gleichzeitig Kolleg*innen und Angehörige Opfer der Gewalt wurden. Hassan erinnert sich, dass sie 19 medizinische Mitarbeitende aus ihrer Notfall-Einheit verloren.
Für Yacoub wurde die Situation besonders bitter: Sein Haus wurde angegriffen, zwei seiner Brüder wurden getötet. In Sorge um seine Unterlagen vergrub er seine Ausbildungszertifikate – und konnte sie später tatsächlich wieder bergen. Ein entscheidender Schritt, denn ohne diese Nachweise wäre eine Anerkennung im Exil kaum möglich gewesen.
Es war eine sehr schwierige Entscheidung … Ich habe Kinder, und ich konnte so nicht weiterleben.“
erinnert sich Fatima.
Nach Wochen der Belagerung und Gewalt gab es für sie keinen anderen Ausweg mehr, als zu fliehen.
Gemeinsam mit ihren Familien überquerten sie die Grenze in den Tschad – im Bewusstsein, dass sie nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre berufliche Zukunft hinter sich lassen mussten.
Anerkennung, die Türen öffnet
Für Geflüchtete bedeutet der Verlust von Dokumenten mehr als bürokratische Hürden – es kann das Ende einer ganzen beruflichen Laufbahn sein. Ärztinnen, Pflegekräfte, Lehrerinnen oder Handwerker*innen: Wer seine Zertifikate nicht vorlegen kann, dem droht, nie wieder im erlernten Beruf arbeiten zu können.
Fatima, Hassan und Yacoub hatten das Glück, ihre Unterlagen retten zu können. Dadurch konnten ihre Qualifikationen anerkannt werden – und sie dürfen im Tschad wieder im Gesundheitswesen tätig sein. Sie behandeln Patient*innen, pflegen Verletzte und entlasten ein völlig überlastetes System, in dem hunderttausende Geflüchtete und Einheimische auf Versorgung angewiesen sind.
„Als ich meine Registrierung erhielt, war ich sehr glücklich“, sagt Yacoub.
„Ich kann nun meine ganze Erfahrung nutzen, um Menschen zu helfen.“
Für die drei bedeutet diese Anerkennung, Würde und eine Rückkehr in die eigene Berufung. Für die Gemeinschaften im Tschad ist es ein Gewinn an dringend benötigten Fachkräften.
Hilfe am Limit
Der Sudan steckt in einer der größten humanitären Krisen der Gegenwart.
Flüchtlinge verlieren den Zugang zu lebenswichtiger Hilfe – weil das Geld fehlt.
Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende!
Hoffnung in einem überlasteten System
Der Tschad steht angesichts der großen Zahl Geflüchteter vor enormen Herausforderungen. Kliniken arbeiten am Limit, besonders in der Versorgung von Frauen und Kindern. Dass erfahrene Ärzt*innen und Pflegekräfte nun Teil dieses Systems werden können, ist ein seltener Hoffnungsschimmer inmitten einer humanitären Krise.
Für Fatima, Hassan und Yacoub ist es zugleich die Rückkehr zu dem, was ihr Leben immer bestimmt hat: heilen, pflegen und Hoffnung geben. Ihre Arbeit zeigt, wie wertvoll es ist, wenn Menschen auf der Flucht nicht nur Schutz, sondern auch eine Chance bekommen, ihre Fähigkeiten einzusetzen.
Ein Neuanfang, der Mut macht
Die Geschichte dieser drei steht für etwas Grundsätzliches: Flucht bedeutet nicht, Wissen und Fähigkeiten zu verlieren. Wer eine Heimat zurücklassen muss, bringt dennoch Kompetenz, Erfahrung und Engagement mit.
Wenn Qualifikationen anerkannt werden, entstehen neue Möglichkeiten – für die Geflüchteten selbst und für die Gesellschaften, die sie aufnehmen. Dass aus Verlust so ein positiver Beitrag entstehen kann, ist eine Nachricht, die Mut macht.
Kommentare und Antworten
Teilen Sie Ihre Gedanken mit uns.