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Erdbeben in der Türkei und Syrien: Die Krise in der Krise

Syrische Binnenvertriebene sind von den Erdbeben doppelt betroffen. Sie lebten schon vor der Katastrophe unter den schwierigsten Umständen. Nun haben sie erneut alles verloren. Um ihnen so schnell wie möglich zu helfen, hat der UNHCR mit Unterstützung der Partnerorganisationen direkt nach den Beben über 25.000 Hilfsgüter verteilt. Jetzt müssen weitere Hilfsgüter in das Erdbebengebiet gebracht werden.

Im überdachten Marktplatz Al-Harir in Aleppos historischer Altstadt, sitzen die Familien zusammengedrängt in den kleinen Ladenräumen. Sie versuchen sich, eingewickelt in Thermodecken und möglichst vielen Kleiderschichten, gegenseitig warm zu halten. Dies ist ihre einzige Möglichkeit in den eisigen Wintertemperaturen im Norden Syriens.

Die Menschen sind direkt nach dem zerstörerischen Erdbeben vom 6. Februar hierhergekommen. Für sie ist es der einzige Zufluchtsort, denn die Wohnungen, Häuser und Unterkünfte sind durch das Erdbeben so zerstört oder so weit beschädigt, dass die Menschen Angst haben zurückzugehen.

Mazen, Vater von vier Kindern, erzählt, dass er sein Haus im Stadtteil Salahadin in Aleppo wegen des Konfliktes in Syrien vor mehreren Jahren verlassen musste. Als die Erde am Montagmorgen zu beben begann, dachte er, seine Familie und er würden dies nicht überleben.

“Ich habe geschlafen. Dann fühlte ich, wie etwas wackelte und hörte meine Frau sagen “Erdbeben, Erdbeben!“ Ich bin aufgestanden und habe mich über mein Kind gebeugt und mir gesagt, dass wenn irgendetwas passiert, wird es mich treffen und mein Kind wird gerettet.“

“Nach ein oder zwei Minuten hörte es auf und ich sagte: “Gott sei Dank, wir leben”. Aber nach einer Minute, fing es wieder an. Das zweite Beben war schrecklich beängstigend. Wir sind raus auf die Straße und danach sind wir nicht mehr ins Haus gegangen“, berichtet Mazen.

Mazen hat seinen grauen Bademantel über vielen Lagen Kleidung an. Um den Kopf hat er einen langen Schal über seine Wollmütze gebunden, damit es etwas wärmer ist. Er fügt hinzu, dass das Erdbeben tiefe Risse in den Wänden der Wohnung im vierten Stock hinterlassen haben und sie sich nicht sicher fühlen zurückzugehen.

In die nahegelegene Moschee im Stadtteil Suleiman Al-Halabi haben sich dutzende Familien geflüchtet. Auf dem roten Teppichboden der Moschee sitzen Gruppen von Erwachsenen. Kleine Kinder rennen zwischen ihnen herum und spielen. Die meisten haben nichts außer den Kleidern, die sie am Leib tragen. Sie haben alles zurückgelassen, als sie aus den Häusern flüchteten.

Hilfe, die ankommt

Seit Montag verteilen Mitarbeiter von UNHCR und dem Syrischen Roten Halbmond Hilfsgüter aus den Warenlagern in der Umgebung: Thermodecken, Matratzen, Solarlampen und Winterkleidung. Am Mittwoch, zwei Tage nach dem Beben erhielten auch die Menschen, die sich in die Moschee geflüchtet hatten, dringend benötigte Hilfe.

Dies ist eine Krise in der Krise.

Mindestens 8,8 Millionen Menschen sind in Syrien vom Erdbeben betroffen. Der Großteil von ihnen ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele der Erdbebenopfer lebten schon vor der Katastrophe unter prekären Lebensbedingungen. Millionen Menschen im Nordwesten Syrien, entlang der türkischen Grenze, sind Binnenvertriebene, die, während des bereits 12 Jahre andauernden Konfliktes, aus ihren Häusern vertrieben worden waren. Aufgrund des wirtschaftlichen Niederganges und der steigenden Preise kämpfen viele von ihnen um das tägliche Überleben.

“Dies ist eine Krise in der Krise”, sagt UNHCR-Repräsentant in Syrien, Sivanka Dhanapala. “6,8 Millionen Menschen sind bereits im Land intern vertrieben; das war vor dem Erdbeben. Dies sind Menschen, die in sehr schwierigen Verhältnissen leben, in unzureichenden Unterkünften und natürlich sind sie es, die es am härtesten trifft.”

„Es ist in Syrien einfach die kälteste Zeit im Jahr, mit Schneestürmen, die in den betroffenen Regionen toben. Das erschwert den Zugang. Straßen, um die Menschen zu erreichen, wurden beschädigt – es ist sehr sehr schwierig”, fügt Dhanapala hinzu.

Beschädigte Straßen und geschlossene Grenzübergänge zur Türkei haben die Hilfslieferungen in den ersten Tagen nach den Erdbeben deutlich erschwert. Trotzdem konnten Hilfsorganisationen Hilfsgüter aus den Lagern vor Ort verteilen. Da die Lager nun bald leer sind, ist es extrem wichtig, dass weitere, internationale Hilfe nach Syrien transportiert werden kann.

Spenden Sie für die Erdbebenopfer

Eine Woche nach dem Beben, erreichten die ersten UN-Hilfskonvois Aleppo. Mehr sind auf dem Weg. Im Moment geht es darum, denjenigen, die alles verloren haben, lebensrettende Hilfe zu leisten und ihnen zu helfen, den Winter zu überstehen.

Der UNHCR verteilt durch Partnerorganisationen 25.700 Kits mit Hilfsgüter an Familien in den Regionen Latakia, Tartous, Hama und Idlib. Außerdem stehen 17.800 Winterjacken und 7.900 Pakete mit Winterkleidung aus den Lagern zur Verteilung bereit.

In dieser Woche werden 10.000 Hygienepakete, fast 30.000 Camping-Betten, 30.000 zusätzliche Decken, 30.000 Schlafsäcke, 27.000 Schlafmatten, 11.200 Wasserkanister, 6.500 Küchensets, über 5.000 Solarlampen und über 2.600 Plastikplanen aus den weltweiten und regionalen Lagerbeständen in das Erdbebengebiet gebracht.

Im Stadtteil Suleiman Al-Halabi von Aleppo werden Hilfsgüter für die Überlebenden des Erdbebens ausgegeben, die in der örtlichen Moschee untergekommen sind.


Mazen steh noch immer vor dem kleinen Laden in Al-Harir. Er weiß, dass er einer der Glücklichen ist, die überlebt haben. Er zieht es im Moment vor, nicht zu weit in die Zukunft zu blicken.

"Wir können nur an das Jetzt, an diese Minute denken", sagte er. "Wir wissen nicht, was morgen passieren wird, aber im Moment, Alhamdulillah [Gott sei Dank], sind wir sicher.

 

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