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"Sport hat mich stark gemacht"

Was Rania und Vida gemeinsam haben ist ihre Leidenschaft für Sport, diese hat ihnen auch ihre Integration in Deutschland erleichtert.

Rania Khadaj ist 47 Jahre alt, lebt in Berlin und kommt ursprünglich aus Syrien. Sie hat in ihrem Leben schon viele Schicksalsschläge erleiden müssen, nicht nur ihre Flucht nach Deutschland Ende 2018, sondern auch ihr Kampf gegen Brustkrebs stellte sie vor große Herausforderungen.

Vida Shahamivand ist 32 Jahre alt und kam 2018 über die Türkei nach Deutschland. Sie kommt ursprünglich aus dem Iran und musste aufgrund der instabilen politischen und wirtschaftlichen Lage fliehen. Sich in einer neuen Gesellschaft, einer neuen Kultur und einer fremden Sprache zurechtzufinden ist keine leichte Aufgabe.

Im Interview erzählen uns Rania und Vida, welche Rolle der Sport in ihrem Leben spielt, wie Sport ihnen beim Ankommen in Deutschland geholfen hat und wie sie mit Hilfe des Projekts SPORTBUNT – Vereine leben Vielfalt! vom Landessportbund Berlin ihre Übungsleiterin-C-Lizenz erwerben wollen.

Was hast Du gemacht, bevor Du nach Deutschland kamst?

Rania: Bevor ich hierherkam, habe ich über 30 Jahre lang als Krankenschwester und Hebamme gearbeitet. Nach einiger Zeit begann ich, eine Leidenschaft für Sport, Yoga und Tanzen zu entwickeln. Durch das Training in verschiedenen Fitnessstudios knüpfte ich Kontakte zu Trainern und beschloss, selbst eine Ausbildung zur Fitnesstrainerin zu machen. Nachdem ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte und in einem Fitnessstudio zu arbeiten begann, stellte ich fest, dass meine Erfahrung als Hebamme und Krankenschwester mir einen besonderen Vorteil im Umgang mit dem weiblichen Körper verschaffte. Daher konnte ich Frauen aller Altersgruppen ansprechen und war besonders erfolgreich darin, meine Programme auf die Bedürfnisse und körperlichen Voraussetzungen meiner Teilnehmerinnen abzustimmen.

Vida: Ich habe im Iran Sport studiert und habe dort verschiedene Trainer-Ausbildungen gemacht. Ich habe als Sportlehrerin in einer Grundschule und als Trainerin für verschiedene Sportarten wie Pilates und Klettern gearbeitet.

Welche Rolle spielt Sport in Deinem Leben?

Rania: Training und Sport machen mich glücklich, erfüllen mich mit Sinn und geben mir ein Gemeinschaftsgefühl, das ich sonst nirgendwo finden konnte. Meine Energie und mein Glück mit anderen Frauen zu teilen, und zu sehen, wie sie während und nach einer Trainingseinheit aufleuchten und voller Leben sind, egal was sie außerhalb des Studios zu tun haben, ist der Grund, warum ich liebe, was ich tue. Diese Gefühle und wie sie mir helfen, sind der Grund, warum ich auch in einem fremden Land und nach einem Kampf gegen den Krebs entschlossen war, hier in Berlin weiterzuarbeiten. Als bei mir Brustkrebs diagnostiziert wurde, musste ich viele Behandlungen über mich ergehen lassen, die meinen Körper und meine Gesundheit belasteten, aber der Sport hat mir geholfen, die Kontrolle über meine Gesundheit zurückzuerlangen und mir die Kraft gegeben, krebsfrei zu werden. Und selbst als ich nach meiner Ankunft in Deutschland eine weitere Reihe von Behandlungen über mich ergehen lassen musste, konnte ich durch das Training meine Gesundheit und mein psychisches Wohlbefinden wiedererlangen.

Vida: Ich habe schon als Kind Sport gemacht und ich kann mir nicht vorstellen, eines Tages keinen Sport mehr zu treiben. Ich glaube, der Sport hat mich stark gemacht. Ich denke immer, wenn ich keine Sportlerin wäre, hätte ich es nicht gewagt, allein nach Deutschland zu kommen, alles in meiner Heimat hinter mir zu lassen und komplett neu anzufangen. Ich freue mich sehr, dass ich den Mut hatte, in ein anderes Land mit einer ganz anderen Kultur zu gehen und es mir gelungen ist, mich hier so gut anzupassen.

Integration durch Sport

Für Vertriebene als auch für Aufnahmegesellschaften führt der Integrationsprozess häufig zu verstärkten persönlichen Konflikten, psychischer Belastung und Isolation. Dabei hat sich Sport als erfolgreiches Mittel zur Verständigung herauskristallisiert.

Weil im Sport die Herkunft keine Rolle spielt

Gerade für Menschen, die durch Konflikte und Verfolgung entwurzelt wurden, ist Sport viel mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung. Er ist eine Gelegenheit, einbezogen und geschützt zu werden - eine Chance, zu heilen, sich zu entwickeln und zu wachsen.

Dieser Gedanke wurde sogar in Absatz 44 des Globalen Pakts für Flüchtlinge konkretisiert, der die wichtige Rolle anerkennt, die Sport [...] für die soziale Entwicklung, die Integration, den Zusammenhalt und das Wohlergehen insbesondere von Flüchtlingskindern [...] und Jugendlichen sowie von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen spielen kann.

Der UNHCR arbeitet daran, die einzigartigen Möglichkeiten von Sportprogrammen und -partnerschaften zu nutzen, um das Leben von vertriebenen und staatenlosen Menschen und den Gemeinschaften, in denen sie leben, zu verbessern. Genauso wie der Landessportbund Berlin: Der Sportverband ist der freie und unabhängige Zusammenschluss der im Land Berlin tätigen Sportfachverbände, ihrer Unterorganisationen des Amateursports sowie der Bezirkssportbünde. Das Ziel des Landessportbund Berlin ist u.a. die Unterstützung von sozialen und kulturellen Einrichtungen und Vorhaben im Bereich des Sports.

Wie bist Du zu Deinem Verein gekommen?

Rania: Nachdem ich entdeckt habe, dass ich auch hier Frauen helfen kann, die ähnliche Erfahrungen mit Immigration und Verlust gemacht haben, begann ich mich bei vielen Organisationen ehrenamtlich zu engagieren. Durch zahlreiche Workshops konnte ich zusätzlich auch meine Fachkenntnisse erweitern.

Vida: Ich bin schon im Iran Kanu gefahren und habe dort auch eine Trainer-Lizenz im Kanusport erlangt. Als ich nach Berlin kam, bin ich nach Tegel gezogen und habe hier schnell einen passenden Verein – den Wassersportclub Blau-Weiß Tegel – gefunden. In meinem Verein bin ich als Sportlerin und auch als Trainerin im Kanusport aktiv.

Was motiviert Dich dazu, Dich in Deinem Verein zu engagieren?

Rania: Die Zukunft wäre für mich ohne Sport grau, also ist meine Hoffnung für die Zukunft, mehr arbeiten zu können und dabei mehr zu lernen.

Vida: Als Trainerin versuche ich immer das beste Vorbild zu sein. Das betrifft sowohl das Verhalten als auch die Ernährung. Ich habe bemerkt, dass die Kinder sehr aufmerksam darauf achten, was ich tue. Meiner Meinung nach sind Sportlehrer*innen immer die beliebtesten Lehrer*innen. Das motiviert mich natürlich auch, denn man bekommt viele positive Rückmeldungen.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft?

Rania: Ich möchte bald meine Übungsleiterin-C-Lizenz erwerben, um Frauen, die ähnliches erlebt haben wie ich, noch besser helfen zu können. Hierzu habe ich schon Kontakt mit dem Projekt „SPORTBUNT – Vereine leben Vielfalt!“ vom Landessportbund Berlin aufgenommen und mich beraten lassen. Wenn alles klappt, bin ich beim nächsten Lehrgang während der Sommerferien dabei. Darauf freue ich mich schon sehr!
Außerdem wünsche ich mir gesund zu bleiben. Das ist das wichtigste im Leben.

Vida: Ich hoffe, dass ich zur Universität gehen und mein Studium fortsetzen kann.  Ich würde gerne auch in Deutschland als Sportlehrerin arbeiten können. In meiner Heimat war ich eine sehr gute Lehrerin und Trainerin. Die Übungsleiterinnen-C-Lizenz im Breitensport möchte ich im Sommer im Projekt „SPORTBUNT – Vereine leben Vielfalt!“ machen.

Worauf bist Du stolz?

Rania: Ich bin stolz darauf, dass ich durch meine Arbeit, meine Energie und meine Freude an andere Frauen weitergeben kann. In der Vergangenheit hatte ich es nicht einfach. Trotzdem konnte ich mir meine Lebensfreude bewahren. Darauf bin ich stolz.

Vida: Ich bin sehr stolz, dass ich die meiste Zeit meines Lebens mit Sport verbracht habe. Der Sport kann dir in jedem Bereich helfen. Auch in der Anfangszeit, als in Deutschland noch alles schwierig war, hat mich der Sport nicht die Hoffnung verlieren lassen und so habe ich weitergemacht.

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