„Über 20 Jahre Berufserfahrung sagen: Das klappt.“

Mona Golla ist Diplom-Pädagogin und seit 1998 in der Flüchtlingshilfe aktiv – zunächst in Köln, seit 2003 beim Verein Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für Migrant*innen e.V. (ZBBS) in Kiel. Sie berät Geflüchtete und Migrant*innen bei allen Fragestellungen, besonders bei Fragen zum Aufenthalt oder zum Familiennachzug.
2015: Aufbruch, Engagement – und erste Grenzen
Die Jahre nach 2015 hat Mona Golla intensiv als eine Zeit zunehmender Herausforderungen erlebt. „2015 gab es schnelle Kontakte durch die vielen ehrenamtlichen Unterstützer*innen. Daraus entstanden teilweise Freundschaften, die bis heute andauern“, berichtet sie. Die Ehrenamtlichen halfen ganz konkret bei der Wohnungssuche, beim Erlernen der Sprache oder bei der Jobsuche. Auch Behörden wären anfangs teilweise noch nicht so überlastet gewesen. Einzelfälle konnten besprochen und oftmals unbürokratisch Lösungen gefunden werden.
Das System erreichte jedoch rasch sein Limit: „Durch die schnell gestiegene Zahl der neu eingereisten Geflüchteten stieß das System an seine Grenzen, was teilweise zur Überforderung der ehrenamtlich Helfenden führte.“ Zwar sei parallel dazu die Anzahl der professionellen Beratungs- und Unterstützungsangebote für Geflüchtete gestiegen, beispielsweise durch Aufstockung der Migrationsberatung oder Verstetigung von Arbeitsmarktprojekten. Golla bemerkt jedoch: „Die rechtlichen Entwicklungen der letzten zwei Jahre und die Ideen für die Zukunft lassen eine Verschlechterung der Situation von Geflüchteten vermuten.“
Gelungene Integration als wechselseitiger Prozess
Für Mona Golla ist klar:
Integration ist keine ‚Einbahnstraße‘,sondern ein wechselseitiger Prozess, in dem beide Seiten – Aufnahmegesellschaft und Geflüchtete – sich aufeinander zubewegen und voneinander lernen.“
Die Gemeinschaft sollte sicherstellen, dass neue Bürger*innen gleichwertig am sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen können.
Um dies zu erreichen, sind für Frau Golla bestimmte Bedingungen erforderlich: „einen sicheren Aufenthalt, schnellen Zugang zu menschenwürdigem Wohnraum, zu Sprachkursen, zu Arbeit und zu Bildung.“ Ebenso wichtig seien schnelle und großzügige Anerkennung mitgebrachter beruflicher Qualifikationen und Arbeitserfahrungen sowie Kontakt zu Menschen aus der Aufnahmegesellschaft.
Viele Ankommende haben den Wunsch, sich zu integrieren und setzten dies auch tatsächlich um, so Golla. „Viele der Menschen in der Beratung sagen: ‚Deutschland hat mir Sicherheit gegeben, jetzt möchte ich auch etwas zurückgeben, z. B. indem ich Steuern zahle und/oder anderen Menschen helfe.‘“ Skeptikern begegnet sie mit persönlicher Erfahrung aber auch Fakten: „Über 20 Jahre Berufserfahrung sagen: Das klappt.“ Und: „Die ‚Geschichte‘ bzw. eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass über die Hälfte der 2015 zugezogenen Geflüchteten erwerbstätig sind und unserer Erfahrung nach auch sozial gut integriert sind.“
Rückschritte, Herausforderungen und Zuversicht
Aber Mona Golla spürt heute eine andere Atmosphäre. „Die Gesellschaft inklusive Politiker*innen und Gesetzgebung ist in den letzten Jahren weit nach rechts gerückt.“ Heutzutage würden rassistische und herabwürdigende Äußerungen offen ausgesprochen – selbst aus der Mitte der Gesellschaft. Parallel dazu werde die rechtliche Situation strenger: Sie führt das „Sicherheitspaket 2024“, die beabsichtigte Unterbrechung des Familiennachzugs sowie Beschränkungen bei den Leistungen für Asylbewerber in Dublin-Fällen als Beispiele an.
Die Konsequenzen spüre auch das Ehrenamt: „Helfer*innen sind vermehrt mit einer komplexen rechtlichen Lage konfrontiert, mit rassistischen und ablehnenden Behördenmitarbeiter*innen und dadurch belasteten Geflüchteten. Durch diese Herausforderung, aber auch durch die allgemeine politische Entwicklung, beendeten viele Menschen ihr Engagement für Geflüchtete.“
Es muss verstanden werden, dass Integration ein Bewegen aller Beteiligten braucht.“
Für gelungene Integration sei finanzielle Unterstützung erforderlich: für die Weiterbildung von Fachkräften im Bildungsbereich, für Projekte gegen Rassismus, für sozialen Wohnraum, Sprachfördermaßnahmen und psychosoziale Betreuung. Hilfreich wäre Geld für Therapieplätze und psychosoziale Zentren – und nicht Kürzungen, wie aktuell geplant.
Trotz aller Rückschritte bleibt Mona Golla überzeugt: Integration gelingt – wenn sie gewollt und unterstützt wird.
Gemeinsam für eine Zukunft, die allen gehört
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