Ohne Rechte - ohne Schutz
In der “Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte” von 1948 heißt es: “Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Staatsangehörigkeit.”
Die Zahl der staatenlosen Menschen wird Ende 2023 mit 4,4 Millionen angegeben. Da jedoch viele Menschen ohne Staatsangehörigkeit statistisch nicht erfasst werden, ist die tatsächliche Anzahl deutlich höher.
Staatenlose Menschen haben in keinem Land offiziell die Staatsbürgerschaft. Sie befinden sich praktisch im “rechtsfreien Raum” und werden nicht durch nationale Gesetze geschützt. Oft haben staatenlose Männer und Frauen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Ohne Ausweispapiere können sie nicht frei reisen, können nicht wählen und sind auch von grundlegenden Sozialleistungen eines Staates ausgeschlossen.
Staatenlose beschreiben sich selbst als "unsichtbar", "fremdartig", "wie ein Straßenhund" und "wertlos".
Staatenlose junge Menschen können selten Schulabschlüsse erwerben, zur Universität gehen oder eine angemessene Arbeit finden. Staatenlose können zum Beispiel kein Bankkonto eröffnen. Außerdem sind sie Diskriminierung und Schikane durch Behörden ausgesetzt und von Ausbeutung bedroht. Das Fehlen einer Staatsbürgerschaft bedeutet für die Betroffenen und ihre Familien in vielen Fällen ein Leben in Armut und eine Marginalisierung über Generationen hinweg.
Staatenlose Menschen sind zu einem Leben am Rande der Gesellschaft verdammt und können ihre Möglichkeiten und Potentiale nicht ausschöpfen – Probleme, die über das Erwachsenwerden hinaus andauern.
Ursachen für Staatenlosigkeit
Dass ein Mensch staatenlos ist, kann viele Ursachen haben:
- Kinder staatenloser Eltern sind oft ebenfalls staatenlos.
- Nicht in jedem Land werden Neugeborene automatisch registriert.
- Löst sich ein Staat auf oder werden Gebiete abgetrennt, droht der Bevölkerung Staatenlosigkeit.
- Verlust der Papiere, durch Krieg, Chaos und Flucht.
- Verlust der Staatsangehörigkeit durch Heirat, Scheidung.
- Willkürliche Entziehung der Staatsbürgerschaft.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden eine Reihe völkerrechtlicher Instrumente entwickelt, um das Problem der Staatenlosigkeit enzudämmen und die Situation der Betroffenen zu verbessern. Das „Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen von 1954“ und das „Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit von 1961“ zählen zu den wichtigsten Dokumenten.
Wie hilft der UNHCR?
Die Probleme von Flüchtlingen und Staatenlosen überschneiden sich oft. Da es keine speziell dafür eingerichtete Organisation gibt, hat die UN-Generalversammlung UNHCR im Jahr 2003 ein spezielles Mandat für Staatenlose übertragen.
Der UNHCR...
- leistet rechtliche Hilfe,
- arbeitet mit Regierungen zusammen, um Staatenlosigkeit zu vermeiden und zu beenden,
- fördert den Beitritt der Staaten zu den beiden Übereinkommen und
- überwacht die Umsetzung der Konventionen.
#IBelong-Kampagne: Staatenlosigkeit in 10 Jahren beenden
Im November 2014 hat UNHCR die #IBelong Kampagne gestartet und sich zum Ziel gesetzt, Staatenlosigkeit bis 2024 zu beenden. Seit Beginn der Kampagne haben 485.400 Personen weltweit eine Staatsangehörigkeit bekommen. 2021 waren es allein 81.200 Menschen - so viele wie noch nie zuvor.
Denn Staatenlosigkeit ist ein von Menschen gemachtes Problem und lässt sich relativ leicht lösen und verhindern. Mit dem entsprechenden politischen Willen und der öffentlichen Unterstützung, könnten weltweit Millionen staatenlose Menschen:
- eine Nationalität erwerben und so den vollen Zugang zu ihren Menschenrechten erhalten.
- ihre Kinder davor schützen, staatenlos geboren zu werden.
- sich zu ihren Gesellschaften, in denen sie leben, dazugehörig fühlen.
Globaler Aktionsplan zur Beendigung von Staatenlosigkeit
Um diese Ziele zu ereichen, hat der UNHCR einen globalen Aktionsplan erarbeitet. Darin sind 10 Maßnahmen beschrieben, die Regierungen dabei helfen sollen, das Problem der Staatenlosigkeit bis 2024 zu lösen.
- Aktuelle gravierende Situationen von Staatenlosigkeit beheben.
- Sicherstellen, dass kein Kind staatenlos zur Welt kommt.
- Geschlechtsspezifische Diskriminierung aus Staatsangehörigkeitsgesetzen entfernen.
- Verweigerung, Verlust oder Entzug von Staatsangehörigkeit aufgrund von Diskriminierung verhindern.
- Staatenlosigkeit im Zuge des Zerfalls von Staaten verhindern.
- Staatenlosen Migrant*innen einen Status und Schutz gewähren und ihre Einbürgerung erleichtern.
- Sicherstellen, dass Geburten registriert werden.
- Nachweise über die Staatsangehörigkeit an berechtigte Personen ausstellen.
- Dem Übereinkommen von 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen und dem Übereinkommen von 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit beitreten.
- Bessere quantitative und qualitative Informationen zu staatenlosen Bevölkerungsgruppen bereitstellen.