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Schulbildung im Niemandsland

Doukou Doukou ist ein kleines Dorf im Süden des Nigers. Die Grenze zum Nigeria ist nur 45 km entfernt. 36.000 nigerianischen Flüchtlinge leben seit August 2021 in der Region Tahoua. Seit Anfang 2023 sind noch einmal 4.000 Flüchtlinge nach Madaoua gekommen, um sich vor der Gewalt und der Unsicherheit in Nigeria in Sicherheit zu bringen.

Viele bezeichnen dieses Gebiet als "Niemandsland" – es gibt keine Sicherheitskräfte und die Gemeinden sind leichte Ziele für bewaffnete Gruppen. Immer wieder kommt es zu brutalen Überfällen, Entführungen gegen Lösegeld und Plünderungen. Die Flüchtlinge hier leben in ständiger Angst vor dem nächsten Angriff. 

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Es ist 8 Uhr morgens in Doukou Doukou. Das Thermometer zeigt 40°C. Kinder mit Heften und Stiften unter dem Arm, laufen auf den staubigen Straßen zu ihrer Schule. Man kann ihren fröhlichen Gesichtern ansehen, dass sie sich darauf freuen, etwas Neues zu lernen.

Dabei gibt es viele Herausforderungen: eine zum Beispiel die schiere Zahl der Schüler*innen in jeder Grundschulklasse. Bei einer durchschnittlichen Klassengröße von 50 Schülern sind die Ressourcen sehr knapp bemessen, und zu allem Überfluss werden immer noch rund 200 Klassen in Strohwänden unterrichtet.

Amadou Aruna, 56, ist der Direktor des Internats von Doukou Doukou, das 300 Schüler*innen besuchen.

Wir unterrichten seit über acht Jahren in Klassen, die aus Lehm und Stroh gebaut wurden,” erzählt er. 

Während der Regenzeit ging es jeden Tag vor dem Unterricht darum, die Klassenräume abzusichern, damit keine Wände oder das Dach auf die Schüler*innen oder Lehrer*innen fielen.

“Es war ein ständiger Kampf zwischen der Erziehung der Kinder und der Gewährleistung ihrer Sicherheit – und alles mit den begrenzten Mitteln, die uns zur Verfügung stehen,“ erklärt Aruna. 

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR baute 2022 drei neue, solide Klassenzimmer. Stolz blickt Amadou Aruna auf die orangenen Türen und Fenster des neuen Gebäudes, die im Sonnenlicht strahlen.  

„Diese Klassenräume ermöglichen den Schülern nicht nur, unter angemessenen Bedingungen zu lernen, sie sind auch unser Schutz vor der Hitze, dem Regen und dem Wind - wir sind dankbar für diese Klassen.“

In einem Klassenzimmer der Schule steht französische Grammatik auf dem Stundenplan. Ein Junge steht an der Tafel und konjugiert das Verb “chanter”. Die Klasse ist nicht so voll, wie sie es sein sollte.

„Viele Kinder sind heute nicht da. Es ist Donnerstag, Markttag, und sie werden gebraucht um ihren Familien zu helfen, die Tiere zu verkaufen,“ sagt der Lehrer.

Das Überleben der Familien zu sichern hat in diesem Teil der Welt oftmals Vorrang vor der Bildung der Kinder. Und so bleibt der Zugang zu Bildung, trotz des Enthusiasmus der Schüler*innen und des Engagements der Lehrer*innen, eine Herausforderung. Neben fehlenden Ressourcen und geeigneten Schulgebäuden kommen die Armut und die schlechte Sicherheitslage.

Jeder, der im Leben erfolgreich war, hat studiert, und das will ich auch für meine Kinder."

Für UNHCR ist der Bildungsbereich einer der Prioritäten: jedes Kind soll im Niger Zugang zum nationalen Bildungssystem haben. Durch Bildung können diese Kinder eine bessere Zukunft anstreben, eine Zukunft, in der sie die Traumata ihrer Vergangenheit überwinden und etwas für die kommenden Generationen bewirken. Darum wird in die Schulinfrastruktur investiert. 

“Jeder, der im Leben erfolgreich war, hat studiert, und das will ich auch für meine Kinder,“ sagt die 55-jährige Rabi Sallou. Rabi hat 6 Kinder. Die Mutter bekam innerhalb des Bildungsprojektes Ziegen, um sich eine Lebensgrundlage aufzubauen. Nun hat sie genug Einkommen und muss nicht mehr entscheiden, welches ihrer Kinder sie in die Schule schicken kann. 

2022 hat UNHCR mit Unterstützung von Education Cannot Wait den Bau von 12 Klassenzimmern für rund 600 Schüler*innen koordiniert. Gleichzeitig wird für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen im Alter zwischen 7 und 12 Jahren, die noch nie eine Schule besucht haben, ein gesondertes Alphabetisierungsprogramm angeboten. Derzeit sind dort 193 Schüler*innen aufgenommen. 

Der 10-jährige Lawli Ibrahim ist einer von ihnen. Seit seiner Geburt lebt Lawli mit einer Behinderung und kann nicht alleine gehen. Er hat einen neuen Rollstuhl bekommen und kann nun gemeinsam mit anderen Jungen und Mädchen die Schule besuchen und sich weiterentwickeln. 

Ich habe nun die Freiheit allein zur Schule zu gehen."

„Es war nie leicht für mich, zur Schule zu kommen. Ich brauchte immer jemanden, der mich brachte und abholte. Seitdem ich mein Dreirad bekommen habe, habe ich nun die Freiheit, alleine zur Schule zu gehen und von ihr zurückzukommen, ohne auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein“, sagt Lawli mit einem breiten Lächeln.

Für Lawli stellt dieses Dreirad den Zugang zu einem Leben in Würde dar. Er hat dadurch vor allem neues Selbstvertrauen erlangt, weil er wie jedes andere Kind endlich zur Schule zu gehen und lernen kann.

Die UNHCR-Mitarbeiter in Madaoua und die Regierung arbeiten weiterhin Hand in Hand, um die Verhältnisse zu verbessern. Ein positives Zeichen: die Schüler sind lernwillig, sie kommen trotz aller Schwierigkeiten in die Schule und zeigen, dass Bildung ein mächtiges Instrument ist, mit dem selbst die größten Herausforderungen überwunden werden können.

 

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