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KRIEG stell Dir vor, er wäre hier

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Ein beunruhigendes Gedankenexperiment

Man hält ein kleines rotes Büchlein in der Hand, das aussieht und sich anfühlt wie ein Reisepass. Mit diesem Pass in der Hand denkt man gleich an eine Reise, an einen Aufbruch. Und wirklich geht es los, denn die Autorin, Janne Teller, nimmt die Leserinnen und Leser direkt mit und fragt: „Wenn bei uns Krieg wäre. Wohin würdest Du gehen?“

Janne Teller zeichnet das Bild eines vom Krieg zerstörten Europas, in dem Angst, Hunger und Kälte die Menschen zur Flucht zwingen. Man schlüpft in die Rolle des 14-Jährigen Jungen, der darauf wartet, dass sein Vater, der das Land schon verlassen hat, die Familie nachholt. Doch der Plan scheitert und die Zurückgebliebenen machen sich auf den Weg in den Nahen Osten, wo Frieden herrscht.

Der Abschied schmerzt. Die wochenlange Flucht endet schließlich in einem Flüchtlingslager in Ägypten. Dort gibt es etwas zu Essen und medizinische Versorgung für die verletzte Schwester und die kranke Mutter.

Es folgt das Leben als Flüchtling: das lange Warten auf die Asylentscheidungen und nirgendwo eine Chance auf eine Schulbildung, um sich ein neues Leben aufzubauen. Man kämpft mit Selbstzweifeln und einer zermürbenden Hoffnungslosigkeit, denn alles, was man im Leben erreichen wollte, die Ziele und Träume, müssen über den Haufen geworfen und neu gedacht werden.

Nach vielen Jahren in der Fremde, hat man sich mit der Realität abgefunden, und trotzdem stellt sich immer wieder die Frage nach dem Zuhause. Doch gibt es dieses Zuhause noch? Und wo ist es?

Fazit:
In „KRIEG stell Dir vor, er wäre hier“ kehrt die Autorin die Welt einfach um. Es ist ein geniales, wenn auch beunruhigendes Gedankenexperiment, das die Leserinnen und Leser immer wieder dazu zwingt, ihre eigene Weltsicht zu überdenken und die eigenen Erfahrungen zu hinterfragen. Wie würde ich reagieren? Was würde ich tun? Wie fühlt man sich in dieser Situation?

Janne Teller gelingt es, dass sich ihre Leserinnen und Leser in Geflüchtete hineinfühlen und sich mit ihnen identifizieren. Eine wunderbare Gelegenheit, um über die Situation von Flüchtlingen, ihre Beweggründe und ihr Schicksal nachzudenken und zu diskutieren. Oder darüber nachzudenken, was Heimat und Zuhause eigentlich ausmacht und darüber, ob sich durch die veränderte Sichtweise auch das Mitfühlen mit anderen verändert hat.

„Ich fand das Buch sehr eindrucksvoll, da es dazu anregt die Perspektive zu wechseln und sehr anschaulich verdeutlicht, mit welchen Schmerzen, zerstörten Träumen und verlorenen Hoffnungen Flüchtlinge umgehen müssen.“
Viviane, 22 Jahre

Für Leserinnen und Leser ab 12/13 Jahren.

KRIEG stell Dir vor, er wäre hier
Carl Hanser Verlag, 2011
Autorin: Janne Teller
Illustrationen: Helle Vibeke Jensen
ISBN 978-3-446-23689-9
EUR 6.90