Die Flucht des Karim Deeb
Karim wächst in der Stadt Homs auf, die von den syrischen Regierungstruppen und später der IS in Schutt und Asche gelegt wird. Er ist 15 Jahre alt, als seine Familie nach einigen erfolglosen Versuchen, einen sicheren Platz zum Leben zu finden, aus Syrien nach Ägypten flieht. Aber auch in Kairo ist es schwierig den Lebensunterhalt zu verdienen, obwohl Karim und sein Onkel jeden Tag viele Stunden in einer Fabrik arbeiten. Die Familie beschließt, dass der Onkel mit Karim die Flucht nach Europa wagen sollen. Später wollen die Eltern und Schwestern nachkommen.
Die erste Überfahrt über das Mittelmeer scheitert: Karim wird nach einer dramatischen Aktion auf dem Meer von seinem Onkel getrennt und landet schließlich in einem ägyptischen Gefängnis. Der zweite Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ist nicht weniger dramatisch, doch schließlich schaffen es die beiden nach Italien und weiter bis nach Deutschland.
In Konstanz beginnen Karim und sein Onkel sich in den Alltag in Deutschland einzugewöhnen. Karim fällt dies nicht leicht, weil er vor allem seine Eltern und Schwestern vermisst. Doch er kann nach langer Zeit endlich wieder zur Schule gehen. Er wird unterstützt und findet Freunde. Doch dann beschuldigt ihn eine Mitschülerin plötzlich, sie gemobbt zu haben. Schnell scheiden sich seine Fürsprecher von denjenigen, die zu vorschnellen Beschuldigungen neigen, weil er ein Flüchtling ist.
In seiner Not zieht Karim sich zurück, und es wird deutlich, wie sehr ihn das Alleinsein belastet und er sich nach der Familie sehnt. In Rückblicken erfahren die Leserinnen und Leser welche politischen Ereignisse zur Flucht der Familie führten. Diese Hintergründe machen auch deutlich, wie überfordernd das Leben für Karim ist, der sich ohne den familiären Rückhalt in einer kulturell fremden Umgebung einzugewöhnen versucht.
Fazit
„Tausend Meilen über das Meer“ macht deutlich, wie schwer es fällt, nach zum Teil traumatischen Erlebnissen, wieder im Leben anzukommen. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Namen und Hintergründe wurden jedoch verändert.
Karim wirkt in seinem Bemühen, in der Fremde alles richtig machen zu wollen und in seinen Urteilen, manchmal sehr abgeklärt und fast arrogant. Durch den persönlichen Erzählstil ist seine Geschichte und seine Denkweise jedoch gut nachzuvollziehen. Eine wertvolle Lektüre, die das Verständnis für die Schwierigkeiten von Flüchtlingen, die in der Fremde anzukommen versuchen, stärkt.
Für Leserinnen und Leser ab ca 12 Jahren.
Tausend Meilen über das Meer
Autorin: Annabel Wahba
cbj Verlag, 2016
ISBN: 978-3-570-40335-8
EUR 8.99