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"Du stirbst im Fliegen"

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Eine Erzählung, die lange nachwirkt

Die Geschichte spielt in einem kleinen deutschen Städtchen, in dem die 80-jährige Opernsängerin Helene lebt. Mourad, der wegen seiner sexuellen Orientierung aus seinem Heimatland Iran fliehen musste, findet bei ihr Unterschlupf. In der Flüchtlingsunterkunft hat er zuvor Tag für Tag auf die Entscheidung der Ausländerbehörde gewartet, immer in Angst, dass seine Homosexualität aufgedeckt wird. 

Voller Feingefühl erzählt Jörn van Hall, wie sich Helene und Mourad einander annähern und die Sorgen des anderen spüren. Mourad hilft der alten Dame, die mit der beginnenden Demenz und den Aufgaben des Alltags immer mehr überfordert ist. 

Die Nachbarn, Maike und ihr Vater Frithjoff, und die Briefträgerin Irma beobachten den Einzug von Mourad aus der Ferne. Ihr Verhalten gegenüber dem Flüchtling ist sehr unterschiedlich und von den persönlichen Lebenserfahrungen und ihrer Beziehung zu Helene geprägt.

Als Helene eines Tages ihren Smaragdring vermisst, spitzt sich die Spannung zwischen den Protagonisten zu. Mourad spürt, dass er kaum eine Chance hat, den Verdacht zu entschärfen und langfristig einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Sowohl er als auch Helene müssen entscheiden, welche Konsequenzen sie aus dem "immer Fremdsein" und dem Älterwerden ziehen. 

Fazit
Die feinfühlige Erzählung einer sehr besonderen Beziehung, die einem nicht so schnell aus dem Gedächtnis geht. Ohne anzuklagen, beobachtet der Autor den Umgang der Gesellschaft mit der Vergangenheit und den aktuellen Problemen und hält ihr den Spiegel vor.

„Du stirbst im Fliegen“ zeigt, dass auch die Sicherheit des Exils für Geflüchtete nicht unbedingt das Ende der Sorgen und Nöte bedeutet. 

Du stirbst im Fliegen
Quintus-Verlag, 2022
Autor: Jörn van Hall
ISBN 978 3 96982 052 0
20 EUR