Lina aus dem Südsudan
© UNHCR/Andrew McConnell

Lina aus Südsudan

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Kinder in der Verantwortung

Krieg. Krankheit. Trauma. Es gibt viele Gründe, die dazu führen, dass Familien im Südsudan auseinanderbrechen. Das Ergebnis jedoch ist meist das Gleiche: Geschwister, die sich allein versorgen müssen, weil ihre Eltern gestorben sind oder von den Kindern getrennt wurden oder sie verstoßen haben.

Der UNHCR-Fotograf Andrew McConnell hat diese Kinder besucht. Kinder, deren Träume und Hoffnungen erst einmal warten müssen, weil sie die Verantwortung übernehmen müssen, die eigentlich ein Erwachsener tragen sollte.

Stellvertretend stellen wir Ihnen die dreizehnjährige Lina vor. Sie erzählt, wie sie ihre vier Geschwister in Pariang, Südsudan aufzieht:

Wie sieht normaler Tag in Deinem Leben aus?

Ich wache auf wenn es noch dunkel ist und mahle Sorgum für das Frühstück. Dann wecke ich meine Geschwister und wir waschen unsere Gesichter und putzen die Zähne. Kurz danach gehe ich zur Wasserstelle, die etwa 25 Minuten weit weg ist mit meinem 20-Liter Wasserkanister. Er ist sehr schwer aber keiner meiner Brüder oder meine Schwester sind groß genug, um mit zu helfen. Mein Bruder hat Probleme mit seinen Augen und kann nicht gut sehen und er kann nicht helfen. Ich mache es also selber. Als nächstes wasche ich die Kleider. Dann hole ich wieder Wasser und kümmere mich um das Sorgum für das Abendessen.

Zwei oder dreimal in der Woche muss ich Feuerholz holen. Das ist weit - das kannst du dir nicht vorstellen. Wenn ich morgens losgehe, komme ich nicht vor dem Abend wieder. Ich mache das mit meinen Händen, ich habe keine Machete. Darum versuche ich die Äste von den Bäumen zu brechen oder ich finde etwas, das auf den Boden gefallen ist. Das ist noch schwerer als das Wasser und ich muss auf dem Weg mehrmals anhalten, weil es so weit ist. Ich gehe mit anderen Mädchen. Wir unterhalten uns, ob wir das Holz leicht finden, oder ob wir auf Männer mit Gewehren treffen oder ob wir, wenn wir wieder zu Hause sind, Wasser holen müssen."

Ob ich spiele? Nein, ich habe keine Zeit.

Spielst Du manchmal?

Ob ich spiele? Nein, ich habe keine Zeit. Die kleinen Kinder spielen. Meine Mutter ist gestorben, weil sie vor drei Jahren bei der Geburt meines kleinen Bruders nicht genug Blut in ihrem Körper hatte. Und es gab keine Gesundheitsstation in unserem Dorf. Ich weiß nicht, wo mein Vater ist. Das heißt, ich muss mich um alles kümmern, darum habe ich keine Zeit zum Spielen.

Warum seid ihr hier?

Wir kamen wegen der Krise hierher. Als kämpfende Menschen in unser Dorf kamen, rannten wir weg. Das war ein sehr anstrengender Weg, besonders mit den kleinen Kindern. Ich musste immer meinen Bruder festhalten, sonst hätten wir ihn verloren. Ich habe ihnen ja schon erzählt, dass er nicht gut sieht.

Was macht Dir am meisten Kummer?

Wir sind hier ganz allein. Meine Freunde sind ganz verteilt und wir können nicht nach Hause. Seit meine Mutter gestorben ist, bin ich nicht mehr in die Schule gegangen, weil ich seitdem für die Kinder sorgen muss.

Was würdest Du Dir wünschen, wenn Du drei Wünsche frei hättest?

Wenn ich drei Wünsche hätte, würde ich mir als erstes wünschen, dass wir alle in die Schule gehen können.
Zweitens, dass wir genug zu Essen hätten.
Drittens, dass die Augen von meinem Bruder geheilt werden.

Nein, ich wünsche mir nichts für mich selber, aber wenn sie mir noch einen Wunsch geben würden, vielleicht würde ich nach etwas Neuem zum Anziehen fragen. Das wäre schön. Aber bringen sie etwas für alle Kinder nicht nur für mich.

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