Flüchtlingslager
© UNHCR

Flüchtlingslager

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Flüchtlingslager - kurzfristige Notfalllösung oder langfristige Heimat?

Flüchtlingslager sind temporäre Einrichtungen, die gebaut werden, um Menschen, die aufgrund von Konflikten, Gewalt oder Verfolgung zur Flucht gezwungen wurden, sofortigen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Unterbringung in Flüchtlingslagern erleichtert in Notfallsituationen die Organisation und Logistik für die Versorgung vieler Menschen. Aber gleichzeitig bedeutet die Unterbringung im Flüchtlingslager, dass die Bewohner von der Gastgemeinden getrennt also isoliert leben und langfristig von Hilfe abhängig sind.

Auch wenn Flüchtlingslager eigentlich keine dauerhaften nachhaltigen Lösungen bieten sollen, werden sie, insbesondere in Langzeitkrisen, manchmal zur Heimat ganzer Generationen von Geflüchteten. Im Zuge dieser Entwicklung ändert sich meist auch die Beschaffenheit des Lagers, von der Zeltstadt zur Siedlung mit festen Gebäuden.

Wie viele Flüchtlinge leben in Flüchtlingslagern?

Es leben insgesamt 6,6 Millionen Menschen in Flüchtlingslagern. Davon leben 4,6 Millionen Flüchtlinge in Flüchtlingslagern, die von UNHCR oder Partnerorganisationen gemanaged werden. 2 Millionen Flüchtlinge leben in selbstgebauten Lagern.

Etwa 60% der Flüchtlinge leben in Städten anstatt in Flüchtlingslagern. Viele von ihnen leben in informellen Unterkünften, in Bauruinen oder leerstehenden Gebäuden.

60
Prozent

der Flüchtlinge leben in Städten

6,6
Millionen

Flüchtlinge leben in Flüchtlingslagern

640
Tausend

Flüchtlinge leben in Kutupalong (Bangladesch)

Wie wird ein Flüchtlingslager geplant?

Wenn eine Krisensituation entsteht, mobilisiert der UNHCR ein Notfallteam, was die Situation vor Ort in den ersten 72 Stunden bewertet. Das eingesetzte Team wird den Regierungsbehörden und den nationalen Partnern vorgestellt, um eine schnelle Einschätzung der Situation und des allgemeinen Wohlbefindens der flüchtenden Bevölkerung zu erhalten. Dann wird über einen Standort verhandelt, der die Sicherheit der Flüchtenden gewährleistet.

Folgende Kriterien sollten idealerweise für einen geeigneten Standort erfüllt sein:

Sicherheit

Das Lager sollte in sicherer Entfernung zu der Grenze sein, aber möglichst nicht weiter als ein Tagesmarsch. Die Flüchtlinge sollten so sicher vor Gewalt und Kampfhandlungen sein.

Lage

Besonders wichtig, ist der Zugang zu Wasser. Ist kein Wasser verfügbar, wird die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser sehr aufwändig und teuer.

Das Gelände sollte einen stabilen Boden oder schattige Bereiche, aufweisen können. Auch ist ein Bereich für die Müllentsorgung notwendig.

Pro Mensch sollte ungefähr 45 Quadratmeter zur Verfügung stehen.

Zugänglichkeit

Um die notwendige Versorgung der Flüchtlinge gewährleisten zu können, muss das Lager für große Fahrzeuge zugänglich sein. Wenn die Hilfsgüter die Notleidenden nur per Luftbrücke erreichen können, kann auch eine Landebahn erforderlich sein.

Ein gut geplantes Flüchtlingslager sollte

  • Brände vermeiden helfen,
  • die Umwelt nicht belasten,
  • den Ausbruch von Krankheiten verhindern,
  • Wasserstellen und Latrinen sollten ausreichend beleuchtet und nahe genug an den Häusern sein, um Frauen und Mädchen vor der Bedrohung durch sexuelle Gewalt zu schützen.
     

Das neue Haus wird unser Leben verändern. In Mali wurde jeden Tag gekämpft. Menschen wurden vor meinen Augen umgebracht.

Mariam (25) floh mit ihren drei Kindern aus Mali nach Niger. Sie baute sich im Flüchtlingslager Mangaize eine Hütte aus Matten. Jetzt kann sie mit den Kindern in ein kleines Häuschen ins nahegelegene Dorf ziehen.

Was tut der UNHCR in den Flüchtlingslagern?

Der UNHCR baut die Flüchtlingslager in Abstimmung mit der Regierung des Aufnahmelandes und oft in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen auf und ist für die Überwachung der Abläufe und die Koordination der beteiligten Hilfsorganisationen zuständig.

Das stellt der UNHCR zur Verfügung:

Unterbringungen

Nach einem Notfall werden tausende von Unterbringungen in wenigen Tagen gebraucht. Der UNHCR liefert Zelte und Plastikplanen um die Flüchtlinge vor dem Wetter zu schützen und um ihre Sicherheit, Würde und Privatsphäre wiederherzustellen.

Je nach Standort werden unterschiedliche Baumaterialien verwendet. In Asien werden Bambusstangen genutzt, auf lehmigem Grund können eventuell Ziegel hergestellt werden.

Mobile Flüchtlingsunterkünfte, die sogenannten Refugee Housing Units, die leicht zu lagern und zu transportieren sind, wurden entwickelt. Sie bieten Flüchtlingen auch bei extremem Wetter Schutz.

Pro Jahr stellt der UNHCR zwischen 70.000 und 100.000 Zelte sowie 2 Millionen m² Plastikplanen, zur Verfügung. Dafür werden jährlich etwa 300 Millionen Dollar eingeplant.

Wasser und Sanitäranlagen

Den Bewohnern eines Flüchtlingslagers muss der Zugang zu sauberem Wasser ermöglicht werden. Zum Hygienekonzept eines Flüchtingslagers gehören die Verteilung von Hygienesets mit Seife, Kanister, Wasseraufbereitungstabletten und Eimer sowie der Bau von sanitären Anlagen mit Toiletten, Latrinen und Waschbereichen. Außerdem muss ein Abfallentsorgungssysteme eingerichtet werden.

Allgemeine Infrastruktur

Zusätzlich zu Unterkünften und sanitären Anlagen muss es in jedem Flüchtlingslager ausreichend große Zelte oder Gebäude für die Registrierung, die medizinische Versorgung der Menschen und den Schulunterricht geben. Gleichzeitig müssen sichere und trockene Lager für Hilfsgüter eingeplant werden.

Flüchtlingslager weltweit

Jedes Flüchtlinslager ist je nach Lage, Einwohnerzahl, Alter und klimatischen Bedingungen unterschiedlich.

  • Flüchtlingslager Nyarugusu
    © UNHCR/G.Goodwin

    "Bei der neuen Unterkunft kann ich die Tür richtig zumachen, sodass die Ratten nicht reinkommen können ... und das Dach ist regendicht."

    sagt Apolina, die im Flüchtlingslager Nyarugusu in Tansania lebt. Nyarugusu ist 40 km von der nächsten Stadt entfernt und ist ungefähr 1.200 Hektar groß. Hier leben etwa 150.000 Flüchtlinge aus Burundi und der Demokratischen Republik Kongo. Fast 80% der Bewohner sind Frauen und Kinder unter 18. Besonders Bedürftige, wie die 86-jährige Apolina, haben Refugee Housing Units (RHU) bekommen, damit sie nicht in Massenunterkünften leben müssen.

  • Flüchtlingsfrauen holen Wasser
    © UNHCR/M.Sibiloni

    Sauberes Wasser durch neue Solarpumpen
    Bidi Bidi im Nordwesten von Uganda ist die größte Flüchtlingssiedlung in Afrika. Dort leben derzeit ungefähr 232.000 Flüchtlinge, größtenteils aus dem Südsudan. Das Lager wurde mit Solarpumpen ausgestattet, so dass die 400 Tanklaster, die die Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgten, eingespart werden konnten.

  • Solarstromanlage in Jordanien
    © UNHCR/M.Hawari

    Solarstrom für 80.000 Menschen

    Die größte Solaranlage, die jemals in einem Flüchtlingslager gebaut wurde, steht in Zaatari in Jordanien und versorgt insgesamt 80.000 syrische Geflüchtete. Die Solaranlage ist so groß wie 33 Fußballfelder.

  • Vorbereitungsarbeiten auf die Monsunzeit
    © UNHCR/H.Perez

    Vorbereitung auf die Monsunzeit

    Das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesch beherbergt fast 600.000 Rohingya-Flüchtlinge auf engstem Raum und ist damit zur Zeit das größte Flüchtingslager weltweit. In der Monsunzeit gefährden Erdrutsche, Überschwemmungen und Stürme die Bewohner. Durch Terassenbauten und Abwassermanagement wird versucht, die größten Schäden zu vermeiden, doch immer wieder werden hunderte Unterkünfte beschädigt oder zerstört.

  • Kara Tepe auf Lesbos
    © UNHCR/A.Zavallis

    Flüchtlingslager am Rande Europas

    Nachdem im Herbst 2020 das Flüchtlingszentrum Moria auf Lesbos in Flammen aufging, wurde ein provisorisches Übergangslager Kara Tepe für die obdachlos gewordenen Menschen aufgebaut. Die meisten Flüchtlinge auf hoffen auf eine Weiterreise in andere europäische Länder. Über 15.400 Flüchtlinge leben im Frühjahr 2021 auf den griechischen Inseln in der Ägäis.

  • Flüchtlingslager Dadaab, Kenia
    © UNHCR

    Das Flüchtlingslager Dadaab entstand vor rund 30 Jahren in Kenia während des Bürgerkrieges in Somalia. In Dadaab leben rund 218.000 Menschen – viele Familien mit mehreren Generationen. Das Lager teilt sich in drei Bereiche Ifo, Dagahaley und Hagadera, die im Grunde wie Dörfer aussehen, mit Schulen, Märkten und Krankenhäusern.

     

FAQs zu Flüchtlingslagern

Welches sind die größten Flüchtlingslager?

Das größte Flüchtlingslager der Welt ist das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesch. In dem Lager, das an der Grenze zu Myanmar liegt, wohnen derzeit über 640.000 Menschen (Stand: Dez  2022). Vergleichbar mit der Einwohnerzahl von Düsseldorf. In Kutupalong leben Rohingya aus Myanmar, die aufgrund ihres muslimischen Glaubens verfolgt werden.

Das zweitgrößte Flüchtlingslager der Welt ist die Flüchtlingssiedlung Bidibidi im Nordwesten von Uganda. Dort leben derzeit ungefähr 232.000 Flüchtlinge (Stand: Dez 2020), welche größtenteils aus dem Südsudan kommen.

Das drittgrößte Flüchtlingslager Dadaab in Kenia, besteht aus drei Lagern, welche insgesamt 218.800 Flüchtlinge (Stand: Juli 2020) beherbergen. Viele Flüchtlinge sind in Dadaab in den 1990ern angekommen und haben inzwischen Kinder und Enkelkinder bekommen, die im Lager geboren worden sind.

Weitere sehr große Flüchtlingslager sind auf der ganzen Welt verteilt.

Sind Flüchtlingslager gut für Kinder?

Weltweit sind etwa 40% aller Flüchtlinge unter 18 Jahren. Kinder gehören zu den besonders gefährdeten Gruppen von Flüchtlingen. Insbesondere wenn sie allein unterwegs sind, werden sie bei Hilfsmaßnahmen besonders berücksichtigt.

Flüchtlingslager dienen dem Schutz und der besseren Versorgung von geflüchteten Menschen. Die Enge eines Flüchtingslagers, schlechte sanitäre Bedingungen oder der Zugang von bewaffneten Gruppen können  besonders für schutzbedürftige Gruppen ein Risiko darstellen.

Doch es ist nicht das Flüchtlingslager an sich, das für Kinder ein Risiko darstellt. In Notsituation bieten  Hilfsorganisationen speziell auf Kinder und andere schutzbedürftige Gruppen ausgerichtete Maßnahmen an. Der UNHCR ermöglicht psychosoziale Unterstützung und unterstützt weitere Programme, wie die Betreuung von unbegleiteten Flüchtlingskindern und Hilfe bei der Suche der Familienangehörigen, die Registrierung von Neugeborenen, die Unterstützung von Kindern mit Behinderung, die Integration von ehemaligen Kindersoldat*innen in die Gemeinde und Programme für Bildung und Freizeitaktivitäten, damit die Kinder eine normale Kindheit haben können.

Warum sind Flüchtlingslager nicht die ideale Unterbringung?

Flüchtlingslager, in denen Menschen in Zelten wohnen und von Hilfsgütern abhängig sind, sollten die Ausnahme sein und einzig ein temporäres Mittel im Falle eines Notfalls. Denn in Notfallsituationen erleichtern sie die Versorgung der vielen Menschen und erleichtern die organisatorische und logistische Arbeit. Zelte schützen vor Regen, geben Schatten und Privatsphäre.

Dennoch sind diese provisorischen Unterkünfte keine langfristige Lösung, denn sie ersetzen keine richtigen Häuser. Die relativ kurzer Zeit erbauten Unterkünfte liegen häufig in abgelegenen Gebieten und der Zugang zu notwendigen Dienstleistungen, wie Krankenhäuser, Schulen oder Verwaltungsdienste, ist zunächst oftmals schwierig.

Um Flüchtlingen relativ schnell zu einem unabhängigen Leben zu verhelfen, ist es wichtig, dass sie mit der lokalen Gemeinschaft in Kontakt kommen und die Möglichkeit haben ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, zum Beispiel durch den Handel von Gütern.

Es kommt nicht selten vor, dass sich Flüchtlingslager, die zuerst nur als kurzfristige Lösung betrachtet wurden, jahrelang bestehen. Im Durchschnitt bleibt eine Flüchtlingssiedlung für 12 Jahre. In diesen Fällen leben die Flüchtlingsfamilien über mehrere Generationen dort. Um so wichtiger ist es, in nachhaltige Lösungen zu investieren.

Welche Alternativen zu Flüchtlingslagern gibt es?

Für den UNHCR ist es wichtig, dass jeder Mensch ein Recht darauf ein selbstständiges Leben in Würde und Unabhängigkeit führen kann. Darum wird immer an Alternativen zur Unterbringung von Flüchtlingen in Flüchtlingslagern gearbeitet. Dazu zählt:

  • Die Flüchtlinge werden in die lokale Gemeinschaft zu integriert, so dass ihnen ein neues Leben zu ermöglicht wird und sie alle Freiheiten, die sie auch Zuhause hatten, offen stehen. Sie können sich frei bewegen und sich ein eigenes Leben aufbauen und müssen nicht vollständig von einer Hilfsorganisation abhängig bleiben. Zugang zu den lokalen Wirtschafts-, Infrastruktur- und Dienstleistungssystemen zu haben, ist essentiell.
  • Geflüchtete Familien erhalten legalen Zugang zu einem eigenen Stück Land, zum Wohnbau oder um Landwirtschaft zu betreiben. Der UNHCR unterstützt Urbanisierungs-Projekte, zum Beispiel in Niger, und arbeitet eng mit lokalen Behörden und Gemeinden zusammen. Hausbau-Projekte schaffen nicht nur Arbeitsplätze für Geflüchtete und Binnenvertriebene, spndern auch für die Einheimischen.
  • Flüchtlinge erhalten Wohnraum in Städten oder städtischen Gebieten, da urbane Gegenden mehr Arbeitsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven bieten. Ungefähr 60% aller Geflüchteten leben schon in Städten. Um diesen Menschen gezielter helfen zu können, setzt der UNHCR vermehrt auf Bargeldhilfen, wodurch mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung ermöglicht wird.
Flüchtlingslager, Ansammlung von Zelten Fluechtlingslager.jpg