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Lehrertandem schafft Bildungschancen

Solange er denken kann, träumt Shah Alums davon, Lehrer zu werden. Seine schulische Bildung endete jedoch, als aus seiner Heimat Myanmar fliehen musste. Aber er kommt seinem Traum immer näher, dank einer besonderen UNHCR-Bildungsinitiative.

Zusammen mit seiner Familie floh Shah 2017 aus Myanmar und fand im Flüchtlingscamp Kutupalong in Bangladesch Schutz. Dort hatte er keine Möglichkeit, die weiterführende Schule abzuschließen, geschweige denn eine Universität zu besuchen.

Doch fast fünf Jahre später leitet der heute 22-jährige Shah eine Klasse mit etwa 40 Rohingya-Kindern.

Im Team Bildungshürden überwinden 

Während Shah vorne im Klassenzimmer die Sprache Myanmars unterrichtet, geht die 24-jährige Minhar Begum aus dem benachbarten bangladeschischen Dorf im Klassenzimmer umher und achtet darauf, dass alle den Anweisungen ihres Kollegen folgen.

Shah und Minhar arbeiten seit zwei Jahren gemeinsam als Lehrassistenzen. Obwohl beide keine ausgebildeten Lehrer*innen sind, haben sie eine Weiterbildung vom UNHCR erhalten. Gemeinsam lehren sie einen informellen Lehrplan, der aus grundlegenden Fähigkeiten wie Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse sowie der Wissensvermittlung von der Sprache und Lebensweise aus Myanmar besteht.

Wenn wir zusammen unterrichten, ist es einfach, die Klasse zu koordinieren", 

sagt Shah. 

"Sie kann vorne im Klassenzimmer stehen und etwas erklären, und ich kann hinten aushelfen. Wir können uns auf jeden Schüler gleichermaßen konzentrieren."

Die Entscheidung, Rohingya-Flüchtlinge mit Einheimischen aus Bangladesch zusammenzubringen, um in den 5.600 Lernzentren in den Camps in Cox's Bazar zu unterrichten, entstand aus der Not heraus, erklärt Haruno Nakashiba, Senior Protection Coordinator beim UNHCR: 

"Wir haben einen Lehrermangel unter den Flüchtlingen. Nur sehr wenige Rohingya konnten in Myanmar eine höhere Ausbildung absolvieren, weil ihre Bewegungsfreiheit und andere Rechte eingeschränkt waren", sagt sie. "Deshalb haben wir beschlossen, für einige Fächer wie Englisch oder Mathematik Lehrer aus Bangladesch einzustellen. Das bedeutet auch, dass wir Arbeitsplätze für sie schaffen."

Gemeinsamer Unterricht schafft Verständnis

Da sich das Leben der Rohingya hauptsächlich in den Camps abspielt, haben diese Unterrichtspartnerschaften den zusätzlichen Vorteil, dass sie eine der wenigen Gelegenheiten für Flüchtlinge und einheimische Bangladescher*innen bieten, zusammenzukommen.

Wir sind wie Geschwister, wir verstehen uns sehr gut", 

sagt Shah über seine Beziehung zu Minhar.

"Am Anfang haben wir nicht viel miteinander gesprochen, aber jetzt reden wir über Stärken und Schwächen und darüber, wie wir uns verbessern können." 

Aber selbst mit der Teamarbeit ist der Unterricht in den Lernzentren nicht ohne Herausforderungen: Der informelle Lehrplan wurde nach dem Zustrom der Rohingya-Flüchtlinge im Jahr 2017 als Notfallmaßnahme entwickelt, um sicherzustellen, dass die Kinder grundlegende Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten erlernen. Er ist jedoch kein Ersatz für eine formale, standardisierte Ausbildung: Die vier Klassenstufen richten sich nur an jüngere Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahren, sodass bei älteren Kindern eine kritische Bildungslücke entsteht.

Weiterer Bildungsweg noch eine Herausforderung

"Wenn ich von den Herausforderungen für die Kinder spreche, gelten diese auch für mich", sagt Shah. "Es gibt hier keinen richtigen Bildungsweg... Nachdem sie die zweite Klasse abgeschlossen haben, wollen viele Schüler nicht mehr zurückkommen, weil sie keine Zertifizierung erhalten."
Er erzählt, dass auch viele Flüchtlingskinder im Grundschulalter nicht in die Lernzentren gehen. Die Anwesenheit sinkt während der Monsunzeit noch weiter, da die Wege im Lager schlammig und gefährlich sein können. "Einige Kinder arbeiten, um ihren Eltern zu helfen, andere verbringen ihre Tage mit Nichtstun.“

UNHCR-Mitarbeiterin Haruno Nakashiba sagt, dass die Organisation schon seit Langem Bedenken über die fehlende formale Bildung in den Lagern äußert. Gemeinsam mit UNICEF und weiteren Partnerorganisationen setzt sich der UNHCR dafür ein, das derzeitige System durch den nationalen Lehrplan Myanmars zu ersetzen. Die Regierung in Bangladesch genehmigte die Umstellung im Januar 2020, doch die COVID-19-Pandemie führte zur Schließung von Lernzentren und verzögerte die Einführung um fast zwei Jahre.

Pilotprojekt gestartet

Ende letzten Jahres begann schließlich ein Pilotprojekt mit dem neuen Lehrplan, an dem zunächst 10.000 Kinder der Klassen sechs bis neun teilnahmen. Eine zweite Phase der Einführung für die erste und zweite Klassenstufe ist im Juli mit Beginn des neuen Schuljahres gestartet. Die übrigen Klassenstufen sollen im nächsten Jahr eingegliedert werden, sodass alle schulpflichtigen Kinder in den Lagern bis Juli 2023 nach dem Lehrplan Myanmars unterrichtet werden.

Wir wollen den Lehrplan von Myanmar".

Ohne die Zertifizierung durch das myanmarische Bildungsministerium kann der neue Lehrplan jedoch noch nicht als formale Bildung angesehen werden. Aber Haruno beschreibt ihn als unerlässlich für die große Mehrheit der Rohingya-Flüchtlinge, die nach Myanmar zurückkehren wollen, sobald es dort sicher ist: "Die Flüchtlinge sagen, sie wollen beweisen, dass sie zu Myanmar gehören. Sie sagen: 'Wenn meine Kinder Lesen und Schreiben auf Birmanisch lernen, werden sie dort anerkannt.'"

Shah nennt ähnliche Gründe für seine Ungeduld, so bald wie möglich mit dem Unterricht nach dem neuen Lehrplan zu beginnen: "Wir wollen den Lehrplan aus Myanmar, damit die Kinder weiter lernen können, wenn sie in ihr Land zurückkehren", sagt er. 

Minhar stimmt ihm zu, auch wenn das bedeutet, dass ihre Zusammenarbeit mit Shah bald zu Ende sein könnte. Obwohl einige Rohingya- und bangladeschische Lehrer*innen weiterhin zu zweit arbeiten werden, erhalten die Rohingya-Lehrer*innen eine Ausbildung, um den Großteil der Fächer in der myanmarischen Sprache zu unterrichten. Einheimische Lehrer*innen aus den Nachbardörfern wie Minhar konzentrieren sich dann auf den Englischunterricht und die Unterstützung während des Unterrichts.

Shahs Traum könnte wahr werden

Shahs Traum, eines Tages ein qualifizierter Lehrer zu werden, ist heute nicht mehr so abwegig, wie es einst schien. Der UNHCR hat in diesem Jahr mit der Ausbildung von 2.500 Lehrer*innen begonnen, von denen die meisten Rohingya sind. "Wenn ich die Möglichkeit bekomme, irgendwo zu lernen, werde ich sie nutzen", sagt Shah. 

Ich will eine höhere Bildung."

Mehr über die Bedeutung von Bildungschancen für Flüchtlinge und was der UNHCR dafür tut, erfahren Sie hier:

Bildung als Starthilfe für eine bessere Zukunft

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