Mein Blick auf das Jahr 2025
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Mitte Dezember war ich in Hannover. Mit meinem Taxifahrer Adil kam ich schnell ins Gespräch. Ich saß mit meiner blauen UNO-Flüchtlingshilfe-Jacke in seinem Taxi und er erzählte mir, dass er aus Hama in Syrien stammt. Er sei seit einigen Jahren in Hannover. Seine Kinder gingen dort zur Schule und er sei wahnsinnig stolz auf sie. Sie brächten blendende Schulnoten mit nach Hause. Natürlich sprachen wir auch über Assad und die neue Situation in Syrien. Er habe Kontakt zu Familie und Freunden. Zurückgehen komme aber für ihn noch lange nicht in Frage. Erst muss die Situation für meine Familie ganz sicher sein, sagte er. Das könne noch drei bis vier Jahre dauern. Und seine Kinder sollten hier auch die Schule abschließen.
Es hat mir nach einem so herausfordernden Jahr so gutgetan, mit Adil zu sprechen. Man spürte die Energie, die er aufbringt, um für sich und seine Familie eine gute Zukunftsperspektive zu haben. Man spürte die Durchhaltekraft und Zielstrebigkeit. Und man spürte auch den Mut, den der Familienvater aufbrachte, um mit seiner Familie vor fünf Jahren aus Syrien zu fliehen. Es ist die Stärke und Resilienz, die Geflüchtete täglich beweisen. Trotz Krieg, Verfolgung und Verlust der Heimat begegnen sie ihrem Schicksal mit Mut. Diese Gespräche sind meine Motivatoren, um die Arbeit in der UNO-Flüchtlingshilfe mit meinen fast 100 Kolleginnen und Kollegen – trotz aller Herausforderungen – erfolgreich umzusetzen.
Die anhaltende Herausforderung der Flucht
Trotzdem fragt man sich natürlich, wie können wir angesichts der weiterhin steigenden Zahl von Menschen auf der Flucht, Hoffnung und Handlungsfähigkeit bewahren? Diese Frage beschäftigt uns bei der UNO-Flüchtlingshilfe, und die UNHCR-Mitarbeitenden weltweit. Die Zahl der Menschen auf der Flucht steigt Jahr um Jahr. Der UNHCR berichtet in seinem letzten Mid-Year-Trends-Report im Juni 2024 von mittlerweile weltweit über 122,6 Millionen vertriebenen Menschen. Diese Zahlen allein sind weiterhin alarmierend und unterstreichen die Dringlichkeit unserer Arbeit.
Rückblick auf 2024: Krisen
Viele Krisen, die zu Flucht und Vertreibung führen, haben das gesamte letzte Jahr bestimmt. So geht Russlands Krieg gegen die Ukraine unvermindert weiter. Über 10 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind auf der Flucht. Im Sudan hat die Gewalteskalation seit April 2023 über 12 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Am Horn von Afrika hat sich die humanitäre Lage insbesondere in Äthiopien und Somalia, nach inzwischen sechs Dürrejahren und dann wieder Überflutungen, kaum verbessert. In Venezuela, einem Land, das droht, im Chaos zu versinken, sind 7,77 Millionen Menschen auf der Flucht. Und auch in Syrien hat uns die Gewalt gegen die Bevölkerung bereits im 13. Jahr beschäftigt. So sahen wir 2024 die anhaltende Not der Menschen. Die Situation hat sich weiter verschärft, was zu noch mehr Leid und Vertreibung geführt hat.
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Ausblick auf das Jahr 2025: Herausforderungen und Hoffnung
Viele der hier genannten Krisen in 2024 werden uns auch in diesem Jahr beschäftigen. Hinzu kommen die, die kaum in der medialen Berichterstattung eine Rolle spielen und dennoch zu Flucht und Vertreibung führen. Die sogenannten „vergessenen Krisen“ sind es, die uns auch dieses Jahr beschäftigen, weil wir mit dafür sorgen müssen, dass die Menschen im Jemen, der Demokratischen Republik Kongo oder in Angola nicht vergessen werden. Die Kolleg*innen des UNHCR sind vor Ort und in ihren lebensrettenden Missionen aktiv.
Fakten statt Fake News
Das Jahr 2025 ist also sicher von großen Herausforderungen geprägt. Die Zahl der Menschen auf der Flucht wird voraussichtlich hoch bleiben, und neue Krisen können jederzeit entstehen. Dennoch ist es wichtig, die Zuversicht nicht zu verlieren und weiterhin mit aller Kraft für den Schutz und die Unterstützung von geflüchteten Menschen einzutreten.
Man kann sich aktiv einbringen und engagieren, indem man beispielsweise in der eigenen Kommune Menschen, die bei uns Schutz und Hilfe suchen, auf ihrem Weg in eine bessere Zukunft unterstützt und begleitet. Für Viele ist dies aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht möglich. Da gibt es zwei sehr sinnvolle Unterstützungsleistungen, die jede und jeder von uns umsetzen kann. Zum einen kann man die weltweiten, lebensrettenden Einsätze des UNHCR mit einer möglichst zweckfreien Dauerspende an die UNO-Flüchtlingshilfe unterstützen. Eine weitere wichtige Form der Unterstützung besteht darin, sich über Flucht, deren Ursachen und die Schicksale der Betroffenen zu informieren – eine Maßnahme, die sich einfach umsetzen lässt. Wer die Fakten kennt, kann auch mit Freundinnen, Nachbarn oder in den sozialen Medien sprechen, aufklären und Fakten gegen Fake-News setzen. Denn damit werden wir in diesem Jahr auch nach der Bundestagswahl immer wieder konfrontiert: die Debatte über Flucht und Migration ist schon im letzten Jahr zunehmend in eine Schieflage geraten. Fake News statt Fakten, populistische Töne, die mehr und mehr die faktenbasierte Argumentation verdrängen. Da helfen dann nur eine klare Haltung und ein klarer Standpunkt.
2025 spenden und helfen
Unterstützen Sie unsere lebensrettende Hilfe mit Ihrer Spende und schenken Sie Flüchtlingen weltweit Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Syrien
Der Sturz des Diktators Assad und des gesamten Unterdrückungsregimes in Syrien ist vielleicht mit Hoffnungen auf eine neue Freiheit verbunden. Manch einem bei uns kann es nicht schnell genug gehen. So waren ganz schnell Stimmen zu hören, die eine schnelle Rückkehr von Syrerinnen und Syrern, die bei uns Schutz gefunden haben, anregten. Der UNHCR hat noch im Dezember deutlich Stellung genommen, dass er zwar „[…] eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen unterstützen würde, allerdings nur solange diese auf der Grundlage vollständiger Informationen über die Lage an dem Ort, an den sie zurückkehren wollen, erfolge […]", und weiter: „Aufgrund der immer noch bestehenden humanitären Krise in Syrien, der weitreichenden Zerstörung des Landes und die weiterhin hohe Zahl von Binnenvertreibung wird der UNHCR die freiwillige Rückkehr aber nicht im größeren Maßstab fördern; er fordert zum jetzigen Zeitpunkt dazu auf, keine zwangsweisen Rückführungen nach Syrien durchzuführen […]".
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Zuversicht
„Drei bis vier Jahre werde ich warten“, sagte mir Taxifahrer Adil in Hannover. Viele haben Hoffnung, dass sich in Syrien etwas für die Menschen positiv verändern wird. Und Hoffnung und Zuversicht sind es auch, die uns antreiben, sich für die Millionen Menschen auf der Flucht zu engagieren. Zuversicht, dass ihr Mut, ihre Stärke und ihre Kraft ihnen auch eine neue Lebensperspektive eröffnet, um endlich das eigene Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Das gelingt, weil so viele Menschen an der Seite der Geflüchteten stehen. Dafür möchte ich mich ganz besonders bedanken, denn auch das ist es, was mich und das ganze Team der UNO-Flüchtlingshilfe jedes Mal neu motiviert.
Es sind unsere gemeinsamen Anstrengungen, um das Leid der geflüchteten Menschen zu lindern und ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Wir werden uns auch in diesem Jahr, dank Ihrer Unterstützung, mit aller Kraft an der Seite der Flüchtlinge stehen. Aus vielen Gesprächen mit Geflüchteten weiß ich, wie sehr sie diese Unterstützung wertschätzen und gleichzeitig versuchen, so schnell wie möglich wieder ganz auf eigenen Füßen zu stehen. Das gibt Kraft, auch für uns!
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