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"Ich will doch nur frei sein"

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Wie ich nach Unterdrückung, Gefangenschaft und Flucht weiter für eine Zukunft kämpfe

Filimon Mebrhatom erzählt in „Ich will doch nur frei sein“ die eigene, erschütternde Geschichte seiner Flucht von Eritrea nach Europa. 

Mit nur 14 Jahren flieht er aus seinem Heimatland, weil er befürchtet zum Militärdienst eingezogen zu werden. Eritrea ist heute eines der repressivsten Regime der Welt. Die jungen Menschen werden gezwungen, ihren Militärdienst abzuleisten, der manchmal viele Jahre dauern kann, und ihnen jede Hoffnung auf eine Zukunft raubt. Filimons Schwester wurde, obwohl sie gerade Mutter geworden war, eingezogen. In ihrer Verzweiflung versuchte sie zu fliehen und starb bei der Überquerung eines Grenzflusses. Der Junge möchte nicht wie die geliebte Schwester enden und entschließt sich, das Land zu verlassen.

Wovon Filimon nichts ahnt, ist die Brutalität und unendliche Grausamkeit, die Flüchtlinge auf ihrem Weg erleiden müssen. Denn neben Hunger und Durst in Wüsten und Bergregionen, sind die Flüchtenden auf Schlepperbanden angewiesen, die das Leben des Einzelnen weder wertschätzen noch schützen.

Filimon berichtet über unmenschliche Behandlungen und Notlagen, aus denen er mehrmals nur durch Zufälle und durch die Hilfe von Mitflüchtenden gerettet wird. Der Junge sieht auf seinem Weg viele Menschen, die dieses Glück nicht haben und ihre Flucht mit dem Leben bezahlen. Filimons einziges Ziel, das sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, ist, ein freies Leben zu führen. 

Auf der Flucht ist Filimon nicht nur aufgrund seines Alters, sondern auch wegen seiner Machtlosigkeit, wie viele seiner Mitflüchtenden, nur noch Spielball der Ereignisse, ein quasi entmenschlichtes Wesen. Dies wird besonders deutlich an den Schilderungen der Not in den libyschen Lagern, in denen das Leben tausender Menschen von der Gnade gesetzesloser Verbrecherbanden abhängt, denen auch Hilfsorganisationen und UN-Mitarbeitende hilflos gegenüberstehen. 

Wie durch ein Wunder schafft es Filimon lebend durch Äthiopien, den Sudan, Libyen und über das Mittelmeer nach Italien, und gelangt schließlich nach Deutschland. Dort angekommen versucht er, sich eine Zukunft aufzubauen und ihm wird bewusst, dass das Ziel, ein freies Leben führen zu können, auch im sicheren und reichen Europa nicht so einfach zu erreichen ist, wie er es sich als 14-Jähriger erhofft hatte.

Fazit
„Ich will doch nur frei sein“ ist ein schockierender Zeitzeugenbericht, in dem man sich immer wieder fragt, wie ein Jugendlicher, nachdem er die beschriebenen Grausamkeiten durchlebt hat, sein eigenes Leben weiterführen kann, ohne an der Menschheit zu verzweifeln. Doch der Autor setzt sich nach all den Erfahrungen, die er in seinem jungen Leben machen musste, nun bewusst für eine gerechte Welt und für Flüchtlinge ein. Dazu ist die Niederschrift seiner eigenen Fluchterfahrung ein wichtiger Beitrag.

Filimons Beschreibung der Bedingungen, die Flüchtlinge und Migrant*innen auf ihrer Flucht durchleben, macht deutlich, wie wichtig politische Entscheidungen über die europäische Flüchtlingspolitik sind und welch weitreichende Auswirkungen sie auf das Leben vieler Menschen weltweit haben.

Angesichts der momentanen Diskussion über das europäische Flüchtlingsabkommen ist „Ich will doch nur frei sein“ ein sehr wichtiges Buch, denn es erinnert daran, dass es sich bei den Geflüchteten nicht um Zahlen handelt, sondern Menschen mit individuellen Schicksalen und Geschichten, die wir vor unmenschlicher Behandlung, Folter und Tod schützen müssen.

Für Leserinnen und Leser ab 18 Jahren.

Ich will doch nur frei sein
Komplett Media Verlag, 2020
Autor: Filimon Mebrhatom
ISBN 978-3-8312-0554-7
EUR 18.00