Libyen
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Flüchtlinge in Libyen

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(Über-)Leben im "failed state"

(Stand 24.7.2024)
Seit dem Sturz des Diktators Muhammar al-Gaddafi im Jahr 2011 wird Libyen von gewaltsamen Konflikten erschüttert. Die politische Instabilität, der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung und der Wirtschaft prägen das tägliche Leben der Menschen in dem nordafrikanischen Land. Nach UN-Angaben sind rund 823.000 Menschen in Libyen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Hälfte dieser Menschen kommen aus Libyen. Die andere Hälfte sind Flüchtlinge und Migrant*innen, die Libyen als Transitland erreichten. Etwa 65.000 Füchtlinge und Asylsuchende leben in Libyen. 62% von ihnen stammen aus dem Sudan. Mehr als 125.000 Menschen sind durch die Gewalt im Land selbst zur Flucht gezwungen.

Die Bevölkerung leidet stark unter einer mangelnden Versorgung mit Lebensmittel und Trinkwasser. Insbesondere die Gesundheitsversorgung und das Schulsystem sind stark beeinträchtigt. Vor allem in den Konfliktregionen werden Krankenhäuser und Gesundheitsstationen immer wieder angegriffen, zerstört und geplündert.

Unwetterkatastrophe hinterlässt verheerende Spuren

Am 10. September 2023 wurde der Nordosten Libyens vom Sturm Daniel heimgesucht, der zu starken Regenfällen und plötzlichen Überschwemmungen in den Küstengebieten und Städten führte. Der anschließende Zusammenbruch der Dämme von Mansour und Derna verschlimmerte die Schäden in der Gemeinde Derna.

Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) kamen fast 6.000 Menschen ums Leben. Die Unwetterkatastrophe verschlimmerte die ohnehin schon schwierige Situation.

65
Tausend

Flüchtlinge und Asylsuchende leben in Libyen

125
Tausend

Binnenvertriebene gibt es im Land

62
Prozent

der Flüchtlinge kommen aus dem Sudan

Libyen ist für Flüchtlinge ein gefährliches Transitland

Libyen ist das Haupttransitland von Menschen, die von Nordafrika aus sichere EU-Staaten erreichen wollen. Momentan befinden sich rund 65.000 von UNHCR registrierte Flüchtlinge und Asylsuchende in Libyen.

Die meisten Flüchtlinge und Migrant*innen versuchen, einen sicheren Hafen in Italien zu erreichen. Die libysche Küstenwache fängt viele dieser Personen ab und bringt sie in Internierungslager. 2023 griffen die libyschen Küstenwachen mehr als 21.000 Menschen auf, die die Überfahrt wagten. 

Nur wenige Hilfsorganisationen sind im Land. Laut Ärzte ohne Grenzen sind tausende Flüchtlinge in Internierungslagern inhaftiert, in denen es zu Menschenrechtsverletzungen unbeschreiblichen Ausmaßes kommt. Die Lager sind überfüllt, sanitäre Einrichtungen fehlen und eine medizinische Versorgung ist nicht gewährleistet. Die Inhaftieren berichten von unhaltbaren Zuständen, von Misshandlungen, Folter und Vergewaltigungen. 

Auch die Nachbarstaaten bieten für die Menschen keine sichere Alternative. Auch aus Flüchtlingscamps in Tunesien und Ägypten berichteten Menschenrechtsorganisationen schon von Menschenrechtsverletzungen.

„Die Menschen befinden sich in einer sehr gefährlichen Situation. Konflikte oder Verfolgung vertreiben sie aus ihren Ländern, und doch können sie dem Konflikt scheinbar nicht entkommen”, sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi.

Seit 2017 hat der UNHCR mehr als 6.300 Flüchtlinge und Asylsuchende aus Libyen in andere Länder evakuiert, darunter nach Niger, Ruanda, in europäische Staaten und nach Kanada.

Als wir in Bani Walid ankamen, zwangen uns bewaffnete Männer mit 500 anderen Gefangenen in eine unterirdische Zelle und schlugen uns den ganzen Tag und die ganze Nacht. Uns wurde gesagt, wir sollten unsere Familien anrufen, und sie forderten 10.000 Dinar (ca. 6.300 Euro) für jeden von uns.

Yasir, ein junger Flüchtling aus dem Sudan, ist in Libyen durch die Hölle gegangen. Er erlebte während seiner Zeit in einem der berüchtigten Internierungslager jeden Tag nicht enden wollende Gewalt und Folter. In der libyschen Hauptstadt Tripolis wurde er gesetzeswidrig von Milizen gefangen gehalten und misshandelt.

„Sie haben mich täglich geschlagen und mir das Bein gebrochen. Das unterirdische Gefängnis war vollgepackt mit Menschen.“

Bei seinem Versuch, den Menschenschmugglern zu entkommen, wurde ihm ins Bein geschossen. Durch den UNHCR-Einsatz im April 2019 konnte Yasir aus der Gefangenschaft befreit und mit mehreren Flüchtlingen nach Niger evakuiert werden.

Der tödliche Traum „Europa“

Je nach Situation in den Mittelmeer-Anrainerstaaten verändern sich die Fluchtrouten über das Mittelmeer. Die Route über Libyen ist eine der Gefährlicheren, trotzdem versuchen Flüchtlinge und Migrant*innen immer wieder,  von Libyen aus einen sicheren EU-Staat zu erreichen. 2023 starben laut UNHCR mindestens 4.110 Menschen oder werden vermisst.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk fordert verstärkte Anstrengungen bei der Seenotrettung im Mittelmeer, Vorgehen gegen Schleuserbanden und einen klaren Verteilschlüssel für Gerettete. Es braucht eine Ausweitung der Seenotrettung und klare Regelungen für sichere Ausschiffung der Geretteten. Europa muss die Tragödie im Mittelmeer beenden. Jeder weitere Tag, der verstreicht, kostet die Leben von Männern, Frauen und Kindern.

Informationen zur Situation im Mittelmeer     Informationen zur Seenotrettung

 

Besonders gefährdet

Flüchtlinge, die Libyen als Transitland nutzen.

Flüchtlinge in Internierungslagern.

Binnenvertriebene in inoffiziellen Camps.

Frauen und Kinder sind besonders schutzlos.

Was macht der UNHCR vor Ort und wie hilft die UNO-Flüchtlingshilfe ?

Der UNHCR fördert zunächst kleine Projekte, die schnell Wirkung zeigen, um Menschen in Not schnellstmöglich helfen zu können. Besonders in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Schutz und Sicherheit arbeitet das Flüchtlingshilfswerk mit den Gemeinden und Partnern vor Ort zusammen, um geeignete Projekte umzusetzen. So wird beispielsweise die öffentliche Infrastruktur und Gebäude wie Schulen und Krankenhäuser mit Strom, Wasser und anderen Gebrauchsgütern versorgt. Außerdem unterstützt der UNHCR nachhaltige Projekte, wie das Resettlement, Familienzusammenführungen und freiwillige Repatriierung.

Der UNHCR ist vor Ort, wenn Menschen wieder zurück an Land gebracht werden, nachdem sie auf dem Weg über das Mittelmeer von der Küstenwache abgefangen wurden. Sowohl dort als auch in den Internierungslagern leisten die Mitarbeiter*innen lebensrettende Nothilfe und identifiziert Personen, die internationalen Schutz benötigen.

Ausreichende finanzielle Mittel sind die Grundlage für eine nachhaltige Hilfe. Der UNHCR benötigt für die Arbeit vor Ort im Jahr 2024 rund 67 Millionen Dollar.

Mit über 1 Million Euro unterstützte die UNO-Flüchtlingshilfe Hilfsmaßnahmen nach der Flutkatastrophe in Libyen Ende 2023. Mit 300.000 Euro wurden 2023 Schutz- und Hilfsmaßnahmen für Flüchtlinge in Mittelmeer-Anrainerstaaten unterstützt.

Überflutung und zerstörte Häuser libyen-nothilfe-2023.jpg