+++ Verheerende Verwüstungen nach Unwetterkatastrophe +++ Dringend schnelle Hilfe nötig +++
In den vergangenen Tagen hat ein tropischer Wirbelsturm den Nordosten Libyens mit starken Winden, plötzlichen heftigen Regenfällen und großflächigen Überschwemmungen getroffen. Laut Medienberichten sind mehrere Tausend Menschen ums Leben gekommen. Gleichzeitig werden bis zu 10.000 Menschen vermisst.
Es leben auch mehr als 1.000 beim UNHCR registrierte Flüchtlinge in den betroffenen Gebieten, zusätzlich zu 46.000 Binnenvertriebenen im gesamten östlichen Teil des Landes.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen arbeitet eng mit nationalen und internationalen Partnern zusammen, um im Rahmen einer breit angelegten UN-Operation auf die Situation zu reagieren. Kurzfristig wurden Hilfsgüter für 5.000 Menschen geliefert, eine extra eingerichtete Notfall-Hotline unterstützt die Hilfe für die Menschen.
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(Über-)Leben im "failed state"
Seit dem Sturz des Diktators Muhammar al-Gaddafi im Jahr 2011 wird Libyen von gewaltsamen Konflikten erschüttert. Die politische Instabilität, der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung und der Wirtschaft prägen das tägliche Leben der Menschen in dem nordafrikanischen Land. Nach UN-Angaben sind über 900.000 Menschen in Libyen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Hälfte dieser Menschen kommen aus Libyen. Die andere Hälfte sind Flüchtlinge und Migrant*innen, die Libyen als Transitland erreichten. Mehr als 245.000 Menschen sind durch die Gewalt im Land selbst zur Flucht gezwungen.
Die Bevölkerung leidet stark unter einer mangelnden Versorgung mit Lebensmittel und Trinkwasser. Insbesondere die Gesundheitsversorgung und das Schulsystem sind stark beeinträchtigt. Insbesondere in den Konfliktregionen werden Krankenhäuser und Gesundheit Stationen immer wieder angegriffen, zerstört und geplündert.
Herausforderung COVID-19
Der Ausbruch des Corona-Pandemie in Libyen belastet das ohnehin schon überlastete Gesundheitssystem zusätzlich und bedroht die verletzlichsten Menschen im Land noch stärker. Das Risiko einer weiteren Ausbreitung des Virus schätzt die UN als sehr hoch ein.
Die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen haben große negative sozio-ökonomische Auswirkungen. Seit März hat ein großer Teil der Flüchtlinge und Asylbewerbern ihre Arbeit, meist im informellen Sektor, verloren. Gleichzeitig steigen die Lebensmittelpreise und der Zugang zu sauberem Wasser und medizinischer Hilfe wird schwieriger. Der UNHCR unterstützt weiterhin die Hilfe für Flüchtlinge und Binnenvertriebene.

Libyen ist für Flüchtlinge ein gefährliches Transitland
Libyen ist das Haupttransitland von Menschen, die von Nordafrika aus sichere EU-Staaten erreichen wollen. Momentan befinden sich beinah 42.458 von UNHCR registrierte Flüchtlinge und Asylsuchende in Libyen.
Die meisten Flüchtlinge und Migranten versuchen, einen sicheren Hafen in Italien zu erreichen. Die libysche Küstenwache fängt viele dieser Personen ab und bringt sie in Internierungslager. In den ersten sechs Monaten 2021 griffen die lybishen Küstenwachen mehr als 14.000 Menschen auf, die die Überfahrt wagten.
Im Juni 2021 waren über 1.000 Flüchtlinge in Internierungslagern inhaftiert. Aus diesen Lager wird immer wieder von Menschenrechtsverletzungen berichtet. Die Lager sind überfüllt, sanitäre Einrichtungen fehlen und eine medizinische Versorgung ist nicht gewährleistet. Die Inhaftieren berichten von unhaltbaren Zuständen, von Misshandlungen, Folter und Vergewaltigungen.
Auch die Nachbarstaaten bieten für die Menschen keine sichere Alternative. Auch aus Flüchtlingscamps in Tunesien und Ägypten berichteten Menschenrechtsorganisationen schon von Menschenrechtsverletzungen.
„Die Menschen befinden sich in einer sehr gefährlichen Situation. Konflikte oder Verfolgung vertreiben sie aus ihren Ländern, und doch können sie dem Konflikt scheinbar nicht entkommen”, sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi.
Seit 2017 hat der UNHCR mehr als 6.300 Flüchtlinge und Asylsuchende aus Libyen in andere Länder evakuiert, darunter nach Niger, Ruanda, in europäische Staaten und nach Kanada.

Als wir in Bani Walid ankamen, zwangen uns bewaffnete Männer mit 500 anderen Gefangenen in eine unterirdische Zelle und schlugen uns den ganzen Tag und die ganze Nacht. Uns wurde gesagt, wir sollten unsere Familien anrufen, und sie forderten 10.000 Dinar (ca. 6.300 Euro) für jeden von uns.
Yasir, ein junger Flüchtling aus dem Sudan, ist in Libyen durch die Hölle gegangen. Er erlebte während seiner Zeit in einem der berüchtigten Internierungslager jeden Tag nicht enden wollende Gewalt und Folter. In der libyschen Hauptstadt Tripolis wurde er gesetzeswidrig von Milizen gefangen gehalten und misshandelt.
„Sie haben mich täglich geschlagen und mir das Bein gebrochen. Das unterirdische Gefängnis war vollgepackt mit Menschen.“
Bei seinem Versuch, den Menschenschmugglern zu entkommen, wurde ihm ins Bein geschossen. Durch den UNHCR-Einsatz im April 2019 konnte Yasir aus der Gefangenschaft befreit und mit mehreren Flüchtlingen nach Niger evakuiert werden.
Der tödliche Traum „Europa“
Je nach Situation in den Mittelmeer-Anrainerstaaten verändern sich die Fluchtrouten über das Mittelmeer. Die Route über Libyen ist eine der Gefährlicheren, trotzdem versuchen Flüchtlinge und Migranten immer wieder, von Libyen aus einen sicheren EU-Staat zu erreichen. 2019 traten etwa 65 Prozent aller Todesfälle im zentralen Mittelmeerraum auf. In den ersten sechs Monaten 2021 waren bereits 116 Vermisste gemeldet.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk fordert verstärkte Anstrengungen bei der Seenotrettung im Mittelmeer, Vorgehen gegen Schleuserbanden und einen klaren Verteilschlüssel für Gerettete. Es braucht eine Ausweitung der Seenotrettung und klare Regelungen für sichere Ausschiffung der Geretteten. Europa muss die Tragödie im Mittelmeer beenden. Jeder weitere Tag, der verstreicht, kostet die Leben von Männern, Frauen und Kindern.
Informationen zur Situation im Mittelmeer Informationen zur Seenotrettung
Besonders gefährdet
Flüchtlinge, die Libyen als Transitland nutzen.
Flüchtlinge in Internierungslagern.
Binnenvertriebene in inoffiziellen Camps.
Frauen und Kinder sind besonders schutzlos.
Was macht der UNHCR vor Ort und wie hilft die UNO-Flüchtlingshilfe ?
Der UNHCR fördert zunächst kleine Projekte, die schnell Wirkung zeigen, um Menschen in Not schnellstmöglich helfen zu können. Besonders in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Schutz und Sicherheit arbeitet das Flüchtlingshilfswerk mit den Gemeinden und Partnern vor Ort zusammen, um geeignete Projekte umzusetzen. So wird beispielsweise die öffentliche Infrastruktur und Gebäude wie Schulen und Krankenhäuser mit Strom, Wasser und anderen Gebrauchsgütern versorgt. Außerdem unterstützt der UNHCR nachhaltige Projekte, wie das Resettlement, Familienzusammenführungen und freiwillige Repatriierung.
Der UNHCR ist vor Ort, wenn Menschen wieder zurück an Land gebracht werden, nachdem sie auf dem Weg über das Mittelmeer von der Küstenwache abgefangen wurden. Sowohl dort als auch in den Internierungslagern leisten die Mitarbeiter*innen lebensrettende Nothilfe und identifiziert Personen, die internationalen Schutz benötigen.
Ausreichende finanzielle Mittel sind die Grundlage für eine nachhaltige Hilfe. Für die Arbeit vor Ort im Jahr 2021 benötigt der UNHCR 91 Millionen Dollar.
Die UNO-Flüchtlingshilfe unterstützte die Arbeit des UNHCR in Libyen 2020 mit mehr als 300.000 Euro, um Flüchtlinge und Vertriebene zu schützen. Mit mehr als 1 Millionen Euro wurden 2020 Schutz- und Hilfsmaßnahmen für Flüchtlinge in Mittelmeer-Anrainerstaaten unterstützt.