Eine Sicht auf ein Flüchtlingscamp von oben
© UNHCR/Mohammed Jalal
Eine Sicht auf ein Flüchtlingscamp von oben
© UNHCR/Mohammed Jalal

Fluchtroute Sahelzone

Gewalt, Unsicherheit und Klimakrise zwingen zur Flucht

Viele Länder der Sahelzone erleben eine sich verschärfende Schutzkrise, die durch bewaffnete Konflikte, Unsicherheit und Klimaschocks ausgelöst wird. Trotz punktueller Verbesserungen der humanitären Lage kommt es weiterhin zu Angriffen durch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, zu sexualisierter Gewalt und zu extremer Nahrungsmittelknappheit. Nahezu drei Millionen Menschen sind innerhalb der Region auf der Flucht, Hunderttausende suchen Schutz in Nachbarländern wie Niger, Mauretanien oder den Küstenstaaten Westafrikas.

Die Ursachen der Krise liegen in extremer Armut, chronischer Unterentwicklung und der zunehmenden Belastung durch die Klimakrise. Die Sahelzone gehört zu den trockensten Regionen Afrikas; wiederkehrende Dürren und der Verlust von Lebensgrundlagen zwingen viele Hirten, in südlichere Gebiete zu ziehen – oft mit Spannungen gegenüber den dort ansässigen Gemeinden. Frauen und Kinder sind von Gewalt und Vertreibung besonders betroffen.

Verschiedene Fluchtrouten innerhalb der Sahelzone

Um in sicherere Gebiete zu gelangen, flüchten die Schutzsuchenden über die südliche Route nach Südafrika, über die östliche Route in die Golfstaaten oder afrikanische Nachbarstaaten, oder über die nördliche Route über Libyen in die Europäische Union.

Von Niger und Mali aus schlängeln sich die Routen Richtung Norden nach Libyen. Nicht selten verläuft die Route westlich über Algerien nach Libyen, um die verschärften Grenzkontrollen an der nigrisch-libyschen Grenze zu umgehen.

Die meisten Vertriebenen bleiben innerhalb ihrer Heimat oder flüchten in direkte Nachbarländer. So kommt es dazu, dass viele Länder, aus denen die Menschen fliehen, gleichzeitig sehr viele Flüchtlinge aufnehmen. Dies führt dazu, dass viele der Menschen mehrmals aus verschiedenen Ländern fliehen müssen und häufig vor die unmögliche Frage gestellt werden, ob sie in dem Land bleiben und einen Angriff riskieren oder in ein Land zurückzukehren, in dem die Lage ebenfalls instabil und unsicher ist.

Wer ist auf den Fluchtrouten in der Sahelzone unterwegs?

Expert*innen beschreiben die Fluchtbewegungen in der Sahelzone als „gemischte Migration“. Einerseits fliehen die Menschen vor Konflikten und Gewalt innerhalb oder außerhalb ihrer Herkunftsländer. Darunter befinden sich zum Beispiel Mali, Burkina Faso, Eritrea und der Sudan. Gleichzeitig befinden sich auf der Fluchtroute Migrant*innen, die ihre Herkunftsländer aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Situationen und fehlenden Zukunftsperspektiven verlassen haben.

 

Hilfe am Limit

Die aktuell größte Krise in der Region 

spielt sich im Sudan und den angrenzenden 

Ländern ab.

informieren und helfen

Die Zahl der gewaltsam Vertriebenen in der Sahelzone ist weiter gestiegen. Ende 2024 waren rund 3,8 Millionen Menschen in der Region zwangsweise auf der Flucht – ein Anstieg um 379.100 Personen bzw. 11 % im Vergleich zu 2023 und 58 % mehr als Ende 2020. Über drei Viertel der Betroffenen waren Binnenvertriebene in ihren jeweiligen Herkunftsländern. Besonders betroffen waren Burkina Faso mit 2,1 Millionen, Niger mit 412.000 und Mali mit 361.000 Binnenvertriebenen.

 

Als wir in Bani Walid (Libyen) ankamen, zwangen uns bewaffnete Männer in unterirdische Zellen, wo bereits 500 andere Gefangene lebten. Sie schlugen uns jeden Tag und jede Nacht.

Yasir ist ein sudanesischer Asylsuchender. Er erholt sich in einem UNHCR-Camp in der Nähe von Niamey (Niger). Nach seiner Flucht aus Dafur (Sudan) wurde Yasir von libyschen Milizen gefangen genommen und gefoltert. Die Gefangenen wurden gezwungen ihre Familien zu kontaktieren und Videos der Folterung zu zeigen. So wollten die Folterer 10.000 Dinar (6.200 Euro) für jeden erpressen.

Die Bedingungen auf den Fluchtrouten sind herausfordernd

Die wenigsten afrikanischen Flüchtlinge machen sich auf den Weg nach Europa. Und selbst wenn, ist die Überfahrt über das Mittelmeer nur der letzte Schritt einer langen und gefährlichen Flucht. Viele Menschen durchqueren vorher die Wüste, oder Orte, in denen Krieg herrscht. Dort sind sie Menschenhändler*innen, Inhaftierungen und Folter schutzlos ausgeliefert. Besonders in Libyen ist die Situation dramatisch. Das Land wird seit Jahren von Konflikten erschüttert. Zurzeit werden tausende Flüchtlinge und Migrant*innen in Libyen in Internierungslagern festgehalten.

Viele Länder zeigen sich gastfreundlich gegenüber den Schutzsuchenden. Doch aufgrund der eigenen Probleme sind sie auch mit der großen Anzahl von Schutzsuchenden überfordert. In einigen Fällen wurden zentrale Grundsätze des Flüchtlingsschutzes gebrochen. So führten einige Länder strenge Grenzkontrollen durch, wodurch Menschen, die internationalen Schutz bedürftigen, keinen Asylantrag stellen konnten. Die Wege für Flüchtende sowie für Helfer*innen werden durch den Einsatz von selbstgebauten Sprengsätzen und den Einsatz von Landminen mitunter lebensgefährlich. Zudem fehlt es an Straßen und notwendiger Infrastruktur. Die natürlichen Begebenheiten erschweren die Flucht der Menschen sowie deren Versorgung zusätzlich.

Die Sahara - tödlicher Wall aus Sand

Alle Fluchtrouten vom südlichen Afrika Richtung Norden führen durch die Sahara. In der Wüste steigen die Temperaturen tagsüber auf bis zu 58 Grad Celsius. Hunger, fehlende Medizin und vor allem Wassermangel sind tödliche Gefahren, denen Geflüchtete hier ausgesetzt sind. Um die Sahara zu durchqueren, sind Schutzsuchende auf Milizen, Schlepper und Menschenhändler angewiesen, für die ein Menschenleben kaum mehr ist als eine Handelsware. Geflüchtete berichten von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigungen, von Entführungen und Lösegeldforderungen sowie von physischer und psychischer Folter auf ihrem Weg durch die Wüste.

 

Farchana, Tschad

Im Flüchtlingslager Farchana leben über 22.000 Menschen aus dem Sudan – einige seit über 20 Jahren. Mit der Ankunft neuer Familien wächst der Bedarf an Wasser rasant. Nach einer zu schwachen Regenzeit 2025 ist jeder Kanister kostbar. 

UNHCR und Partner arbeiten unermüdlich daran, die Versorgung sicherzustellen.

Im Grenzdreieck zwischen Mali, Niger und Burkina Faso ist die Bevölkerung besonders stark von Gewalt und gesellschaftlichen Spannungen betroffen, in allen drei Ländern hat sich das Militär an die Macht geputscht. Häufig greifen bewaffnete Gruppen wahllos staatliche Institutionen, Schulen und Gesundheitseinrichtungen an. Viele Menschen müssen somit mehrfach fliehen, da die Orte, an denen sie Schutz suchen, ebenfalls von Gewalt geprägt sind. Unter anderem in Burkina Faso, Mali und Niger bekennt sich der Islamische Staat immer wieder zu verübten Anschlägen. 

Die Regierungen von Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger haben sich in einer gemeinsamen Erklärung verpflichtet, den Schutz von Vertriebenen und Aufnahmegemeinden im Sahel stärker zu verankern — darunter auch bessere Zugangsmöglichkeiten zu Aufnahme- und Asylverfahren. Die Umsetzung dieser Verpflichtungen bleibt angesichts der komplexen Sicherheitslage jedoch eine große Herausforderung.

Burkina Faso   Mali  Tschad   Niger  Nigeria

 

Was macht der UNHCR vor Ort?

Der UNHCR konzentriert sich in der Sahlezone auf die Bedürfnisse der Betroffenen und hat diese Kenbereiche identifiziert:

Unterkünfte für Schutzsuchende und deren Versorgung mit Hilfsgütern.

Unterstützung von Opfern sexueller und geschlechtsbasierter Gewalt und Vorbeugung dieser Übergriffe.

Sicherstellung von Bildung und das Auf- und Ausbauen von Schulen.

Zugang der Betroffenen zu nachhaltigen Energiequellen wie Solar, Wind oder Biogas.

Die anhaltende Unsicherheit erschwert vielerorts den humanitären Zugang im Sahel. Dennoch sind Geflüchtete und Aufnahmegemeinschaften dringend auf Unterkunft, Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung angewiesen. Der UNHCR arbeitet eng mit den Regierungen vor Ort zusammen, um Schutz entlang der Fluchtrouten zu gewährleisten und auf die dringendsten Bedürfnisse zu reagieren.

In Flüchtlingslagern – etwa in Burkina Faso – sorgen UNHCR-Teams für Sicherheit, Versorgung und die Registrierung Schutzsuchender, damit sie Ausweisdokumente erhalten. Zudem unterstützt der UNHCR die Integration in lokale Gemeinden, fördert Bildung für Kinder und Jugendliche und hilft bei der Instandhaltung von Schulen.

Besonderes Augenmerk gilt dem Schutz von Frauen und Mädchen vor sexualisierter Gewalt sowie den Folgen der Klimakrise. Durch gemeinschaftsbasierte Ansätze, erneuerbare Energien und organisierte Abfallentsorgung trägt der UNHCR dazu bei, die Lebensbedingungen in der Sahel-Region nachhaltig zu verbessern.

Mutter mit Kind

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