Junge schaut aus Fenster in Beirut
© UNHCR/Diego Ibarra Sánchez

Libanon: Stark belastetes Aufnahmeland

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9 von 10 Flüchtlingen unterhalb der Armutsgrenze

(Stand 20.03.2024)

Der Libanon ist eines der am stärksten betroffenen Länder des Krieges in Syrien. Im Vergleich zur Einwohnerzahl, hat der Libanon weltweit am meisten Flüchtlinge aufgenommen. Im Libanon ist eine von sieben Personen Flüchtling.
1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien leben im Libanon. Offiziell registriert sind weniger, da die Registrierung von Flüchtlingen aus Syrien 2015 jedoch offiziell beendet wurde. Hinzu kommen etwas über 11.000 Flüchtlinge aus anderen Ländern, unter anderem aus dem Irak.

Das Land ist durch eine Wirtschaftskrise, Inflation, hohe Arbeitslosigkeit und eine veraltete Infrastruktur belastet. Angesichts steigender Preise steigt auch die Zahl derjenigen Flüchtlingsfamilien, die in extremer Armut leben. In 2023 leben 88 Prozent der syrischen Flüchtlingsfamilien unterhalb der extremen Armutsgrenze, im Jahr 2019 waren es noch 55 Prozent..

Die hohe Zahl an Flüchtlingen birgt zunehmend die Gefahr, dass soziale Spannungen entstehen und die soziale Stabilität im Land gefährden.

Über die Hälfte der registrierten Flüchtlingsbevölkerung im Libanon ist jünger als 18 Jahre. 37% der Kinder zwischen 6 und 14 Jahren gehen nicht in die Schule [Stand Ende 2023].

Nach dem Beginn der Kämpfe in Gaza Ende 2023, sind rund 86.600 Menschen aus dem Gebiet entlang der südlichen Grenze zu Israel geflohen. Darunter waren auch syrische Flüchtlinge.

Extreme Armut verschlimmert die Not

Die Armut unter den Flüchtlingen im Libanon ist groß. Die Hälfte der libanesischen Bevölerung befindet sich unterhalb der Armutsgrenze, schätzungsweise 90% der 1,5 Millionen syrischen Flüchtlinge im Land leben in extremer Armut. Die Preise für Lebensmittel, Heizmaterial, Medikamente und alle Dinge des einfachen Lebens sind in die Höhe geschossen. Viele Flüchtlinge hausen nach Jahren im Exil noch immer in Unterkünften, die für den Winter nicht geeignet sind.

* Namen wurden aus Sicherheitsgründen verändert

  • Libanon
    © UNHCR/H.Darwish

    "Als ich in den Libanon kam, musste ich mich erst einmal an diese neue Realität gewohnen. Ich hatte vorher nie in einem Zelt gewohnt, aber eine Wohnung konnte ich mir nicht leisten. Als alleinerziehende Mutter musste ich lernen, wie ich mein Leben selbst organisieren kann und für meine Familie sorgen kann."

    Majida wohnt seit 2014 mit ihren vier Kindern in einer informellen Siedlung von Flüchtlingen im Beeka-Tal im Libanon. Sie floh vor der Gewalt in Syrien, nachdem ihr Mann gestorben war.

    Manchmal findet sie kleine Arbeiten, wie Bohnen ausputzen oder Knoblauchzehen schälen, was aber nicht gut bezahlt wird.

  • Libanon
    © UNHCR/H.Darwish

    "Vor der (Wirtschafts-)krise war die Situation schwierig, aber ich konnte etwas zu Essen auf den Tisch bringen. Jetzt kann ich den Kindern keine ganze Mahlzeit anbieten. Wir essen meist Gemüse und Getrocknetes. Sie leiden, weil sie nicht genug zu Essen haben."

    Nach der Schule sitzt Majida mit den Töchtern zusammen, um etwas zu essen.

     

  • Schulaufgaben
    © UNHCR/H.Darwish

    „Ich wünsche mir für den Libanon, ein Land, das freundlich zu mir war, dass sich die Situation verbessert, weil es für alle schwierig ist, für Libanesen und Flüchtlinge."

    Aya und Sara machen auf dem Fußboden ihre Hausaufgaben. Einen Tisch oder Stühle haben sie nicht.

    Die beiden älteren Brüder (15 und 16 Jahre alt) können nicht mehr in die Schule gehen, weil sie auf einem Hof in der Nähe arbeiten, um das magere Familieneinkommen aufzubessern.

     

  • Flüchtlingsmädchen im Libanon
    © UNHCR/H.Darwish

    „Vor ein paar Monaten waren alle meine Kinder krank, aber ich konnte es mir nur leisten, Medikamente für eines von ihnen zu kaufen - das, was am stärksten krank war.“

    Im Libanon leben mittlerweile 9 von 10 syrischen Flüchtlingen in extremer Armut leben. Jeder zweite Flüchtling hat nicht immer ausreichend zu Essen.

  • Zelt
    © UNHCR/H.Darwish

    “Im letzten Winter hatten wir Heizmaterial. Aber dieses Jahr sind Brennstoffe knapp und teuer, ich kann mir noch nicht einmal Holz leisten. Ich mache mir Sorgen, weil ich nicht weiß, wie ich die Kinder warm halten kann und noch Essen und Kleidung kaufen soll. Alles ist so teuer."

    Im vergangenen Winter wurde der Boden nass und die Familie schlief auf feuchten Matrazen. Nach jedem Regen trugen sie alles zum Trocknen in die Sonne nach draußen.

Leben in Armut

Für Flüchtlinge ist das Leben im Libanon ein täglicher Kampf, da viele nur über geringe oder keine finanziellen Mittel verfügen. Viele Flüchtlinge überleben nur mit kleinen Jobs im informellen Sektor. Durch die Corona-Maßnahmen haben viele von ihnen ihre Arbeit verloren. 95 Prozent der Flüchtlingsfamilien nicht genügend Geld, um sich ausreichend Lebensmittel zu kaufen. Zwei Drittel der Familien gaben an, kleinere Portionen zu kochen oder weniger Mahlzeiten einzunehmen.

Es gibt im Libanon keine formellen Flüchtlingscamps. Infolgedessen leben die syrischen Flüchtlinge in mehr als 2.100 städtischen und ländlichen Gemeinden und Orten verstreut. Sie teilen sich oft kleine, einfache, manchmal provisorische Unterkünfte mit anderen Flüchtlingsfamilien unter überfüllten Bedingungen. 57 Prozent der syrischen Flüchtlinge leben in unzureichenden Unterkünften, ohne Privatssphäre, Heizmöglichkeiten oder sauberes Wasser.

Extreme Wetterbedingungen

Während im Sommer hohe Temperatur im Libanon herrschen, ist der Winter meist nass und kalt. Viele der Flüchtlinge leben in provisorischen Unterkünften, Zelten oder mit Planen abgedeckten Hütten, die nicht auf die Winterstürme ausgerichtet sind. Bei starkem Regen werden oftmals Behausungen geflutet und die eisigen Temperaturen sorgen für schwere Lebensverhältnisse.

Der UNHCR leistet jedes Jahr Winterhilfe und versorgt die Familien mit Decken, Öfen und warmer Kleidung. Langfristig ist es das Ziel, die Menschen in stabilen Unterkünften und Wohnungen unterzubringen.

Aufgrund der Finanzierungslücke ist es dem UNHCR allerdings nicht möglich, alle Bedarfe zu erfüllen. Darunter leiden alle Bereiche, in denen Hilfe dringend benötigt werden. Für 2024 werden rund 545,2 Millionen US-Dollar benötigt.

 

Was macht der UNHCR     vor Ort?

Im Mittelpunkt der Arbeit des UNHCR im Libanon steht das Ziel, den Schutz und die Würde von Flüchtlingen zu erhalten. Gerade angesichts zunehmend restriktiver Bedingungen und Maßnahmen, die die Einreise von syrischen Flüchtlingen ins Land beschränken sollen, ist das Eintreten für die Einhaltung internationaler Standards im Flüchtlingsschutz und für die Rechtsstaatlichkeit ein zentraler Bestandteil der Arbeit des UNHCR.

 

 

Der UNHCR

  • bietet Rechtsberatung an.
  • unterstützt Familien mit Bargeldhilfen, damit sie die Möglichkeit haben, ihre Grundbedürfnisse wie Miete, Lebensmittel und Medizin zu bezahlen.
  • unterstützt lokale und institutionelle Maßnahmen zum Schutz von Kindern und vor sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt.
  • unterstützt den Ausbau von Schulen, Lerngruppen und Stipendien für Studenten.
  • stellt Winterhilfe zur Verfügung: Winterkleidung, Bau- und Isoliermaterial für schlecht ausgerüstete Unterkünfte.
  • unterstützt Gemeindezentren, in denen Flüchtlinge Beratung, Weiterbildungsprogramme und psychosoziale Hilfe erhalten.


Eine lokale Integration der Flüchtlinge wird von der libanesischen Regierung als Option abgelehnt. Aus diesem Grund ist der UNHCR dauerhaft auf der Suche nach nachhaltigen Lösungen außerhalb des Landes.

Eine Möglichkeit für Flüchtlinge ist das Resettlement, die Umsiedlung in ein sicheres Drittland. Doch die Verfügbarkeit dieser sogenannten Resettlement-Plätze liegt weit unter dem Bedarf. Es ist also dringend notwendig, dass Staaten weitere Plätze anbieten.

Desweiteren unterstützt der UNHCR Flüchtlinge, die in ihr Heimatland zurückkehren wollen. So bekommen sie zum Beispiel Informationen über die Lage in ihrer Heimatregion und Unterstützung, wenn notwendige Papiere fehlen.

2023 hat die UNO-Flüchtlingshilfe Flüchtlinge und Binnenvertriebene in Syrien und dessen Nachbarländer mit 4,6 Millionen Euro unterstützt.

Flüchtlingsjunge Libanon

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