Balkanroute
© UNHCR/Achilleas Zavallis

Die Balkanroute

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Vom Nahen Osten nach Europa

Die Balkanroute bezeichnet die Fluchtrouten, die Flüchtlinge und Migrant*innen nutzen, um über den Balkan vom Nahen Osten nach Europa zu gelangen. Auch wenn die Zahlen weit vom Höchststand der Jahre 2015 und 2016 entfernt sind, als hunderttausende Menschen aus Syrien, Irak, Afghanistan und andere über die Balkanroute nach Europa reisten, bleibt sie eine wichtige Migrationsroute - und stellt für Europa eine zunehmend politische Herausforderung dar.

2023 waren etwa 30.800 Menschen in den Ländern entlang der Balkanroute unterwegs - 17 Prozent weniger als im Vorjahr. Der größte Teil der Flüchtlinge und Migrant*innen kamen aus Syrien (43 Prozent), Marokko (14 Prozent) und Afghanistan (13 Prozent).

Besorgniserregende Zustände entlang der Fluchtroute

Der UNHCR ist besorgt, da Menschen, die auf dem Landweg unterwegs sind, zum Teil ohne jegliches Verfahren inhaftiert und zwangsweise in Nachbarländer zurückgeschoben werden, ohne ihren Schutzbedarf zu klären. Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und das EU-Recht verpflichten die Staaten, das Recht auf Asyl und den Grundsatz des Non-Refoulement – also Menschen, die vor schweren Menschenrechtsverletzungen fliehen, nicht zurückzuschicken – zu gewähren, selbst wenn diese irregulär eingereist sind.

"Bei der Achtung von Menschenleben und Flüchtlingsrechten gibt es keine Wahl, sondern eine rechtliche und moralische Verpflichtung. Während Länder das legitime Recht haben, ihre Grenzen in Übereinstimmung mit internationalem Recht zu kontrollieren, müssen sie dabei auch die Menschenrechte respektieren. ,Pushbacks‘ sind schlicht und einfach illegal."
Gillian Triggs, Stellvertretende UN-Flüchtlingshochkommissarin

Der UNHCR fordert die Möglichkeit einer legalen Migration für Vertriebene aus Konfliktgebieten. Wenn die Grenzen stärker gesichert werden und gleichzeitig keine legalen Übergangsmöglichkeiten bestehen, begeben sich die Flüchtenden eher in die Hände von Schlepperbanden und nehmen Risiken für ihre persönliche Sicherheit in Kauf: darunter körperliche Misshandlung, Raub, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und in einigen Fällen willkürliche Inhaftierung.

Die Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien ist momentan für Viele die größte Hürde auf dem Weg. Kroatien ist der jüngste EU-Mitgliedsstaat und gehört seit dem 1. Januar 2023 zum Schengen-Raum. Mit einer besonders restriktiven Migrationspolitik versucht sich Kroatiens Regierung als zuverlässiger Beschützer der EU-Außengrenzen zu etablieren – neben brutaler Gewalt der Grenzschützer kommt es ebenso zu Pushbacks, die nach EU-Recht illegal sind.

Berichten zufolge harren viele Schutzsuchenden unter elendigen Bedingungen in den Ländern der ehemaligen Jugoslawischen Republik aus, wenn ihnen die Weiterwanderung nicht möglich ist. Die Menschen haben keinen Strom, kein fließendes Wasser und der Hygienezustand ist oftmals erschreckend.

Kinder besonders gefährdet

Laut einer Studie der Universität von Sarajevo und Save the Children (Wherever we go, someone does us harm, Violence against refugee and migrant children arriving in Europe through the Balkans) seien besonders Jungen gefährdet, da sie öfter allein reisen als Mädchen. Dazu übernachten sie nicht selten im Freien oder sind mit fremden Erwachsenen unterwegs. Kinder seien der Gewalt durch Polizei, Schleuser und anderer Erwachsener meist hilfslos ausgeliefert.

"Auf der Flucht sind alle Migrierenden physischer, psychischer und sexueller Gewalt ausgesetzt - aber die am stärksten gefährdete Gruppe sind Kinder, vor allem diejenigen unter ihnen, die alleine reisen, ohne den Schutz ihrer Eltern", sagt Tatjana Ristic, Koordinatorin des Büros von Save the Children in Belgrad.

Fluchtroute Balkan

Zehntausende Menschen sind in den Balkanländern unterwegs, um in andere europäische Länder zu gelangen. Oftmals haben sie dort Bekannte oder Verwandte und erhoffen sich dadurch einen einfacheren Neuanfang. 

  • Flüchtling in Belgrad
    © UNHCR/D.Etter

    Ein wenig Wärme

    Aziz, 8, versucht sich bei Minusgraden in Belgrad an einem Feuer warm zu halten. Der Junge war mit seinem Onkel unterwegs, der bei dem Versuch über die Grenze zu kommen, verhaftet wurde. Aziz schläft auf einem Haufen Decken, seit fast einem Jahr hat er nicht mehr in einem richtigen Bett geschlafen. 2017

  • Afghanische Flüchtlinge in BhG
    © UNHCR/D.Etter

    Neue Kraft schöpfen

    Zwei afghanische Teenager sind in einem Zentrum für junge Flüchtlinge in Bosnien Herzegowina untergekommen und können erst einmal durchatmen. 2019

  • Kara Tepe auf Lesbos
    © UNHCR/A.Zavallis

    Flüchtlingslager am Rande Europas

    Viele Flüchtlinge betreten zuerst auf der griechischen Insel Lesbos europäischen Boden. Das Übergangslager Kara Tepe wurde nach der Zerstörung des Lagers Moria auf einem freien Stück Land, nah am Meer gebaut. Die Menschen mussten dort im Winter Wind und Wetter trotzen.

  • Flüchtlinge an der slowenischen Grenze
    © UNHCR/M.Henley

    Auf der Höhe der Flüchtlingskrise 2015

    Flüchtlinge und Migranten überqueren 2015 zu Fuß die Grenze zwischen Kroatien und Slowenien. Die kroatischen Behörden hatten sie mit dem Zug in die Nähe der Grenze gebracht.

  • Unterkunft in Montenegro
    © UNHCR/D.Etter

    Unterkunft für Asylsuchende

    Montenegro liegt auf der Balkanroute und war 2015 Durchgangsland für fast eine Million Flüchtlinge. Da mittlerweile viele Grenzen unpassierbar sind, entschließen sich immer mehr Asylsuchende, in den Ländern des Balkans zu bleiben. 2007 führte Montenegro ein Asylsystem ein und hat seither Möglichkeiten zur Integration für Asylsuchende entwickelt. 2019

  • Küchendienst in Bosnien Herzegowina
    © UNHCR/D.Etter

    Langes Warten
    Majid musste mit seinem Sohn aus dem Iran fliehen, nachdem er bei einer Demonstration festgenommen worden war. Im Aufnahmezentrum, wo sie untergekommen sind, hilft Majid in der Küche. Asylbewerber in Bosnien-Herzegowina erhalten eine gelbe Karte, die angibt, dass sie einen Antrag gestellt haben. Der Asylprozess ist aber nicht selten sehr langwierig. 2019

Die Entwicklung der Fluchtrouten

Im Jahr 2015 reisten nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex über 760.000 Vertriebene auf der Balkanroute von der Türkei über Griechenland nach Zentraleuropa. Entlang der Route herrschten elende Zustände. Die Menschen versuchten, sich zu Fuß zur nächsten Grenze durchzuschlagen und strandeten im Nirgendwo.

Im März 2016 schlossen Slowenien, Kroatien und Serbien, nacheinander ihre Grenzen. Nachdem die sogenannte alte Balkanroute unterbrochen war, entstand eine neue Balkanroute weiter westlich. Die Schutzsuchenden versuchten nun über Albanien, Montenegro und Bosnien in das EU-Land Kroatien oder gleich über die Adria nach Italien zu gelangen.

Tragödie in Idomeni

Im kleinen griechischen Ort Idomeni an der Grenze zu Mazedonien strandeten viele Migranten und Flüchtlinge in einem inoffiziellen Zeltlager. Im Frühjahr 2016 lebten bis zu 14.000 Menschen auf einem begrenzten Terrain, das nicht dafür geeignet war. Die hygienischen Zustände waren katastrophal. Es kam zu Ausschreitungen zwischen Flüchtlingen, Migranten, mazedonischen Beamten und griechischer Polizei. Im April 2016 wurde das Lager schließlich geräumt. Nur ca. 3.500 Menschen hatten sich zuvor in ein offizielles Lager bringen lassen.

2020 kamen immer weniger Flüchtlinge über Griechenland und die Balkanroute nach Europa. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 war die Zahl der ankommenden Geflüchteten in Griechenland 64% niedriger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, was sicherlich eine Auswirkung der Corona-Pandemie war. 2022 ist die Zahl der Flüchtlinge und Migrant*innen wieder um 20% angestiegen.

Die Zahl der Flüchtlingskinder, die in Griechenland ankamen, sank 2020 deutlich - von über 25.000 in 2019 auf etwas über 4.600. 2022 wurden auf der Balkanroute 327 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gezählt.

Die Routen, die Flüchtlinge und Migrant*innen von Griechenland nach Norden nutzen, ändern sich immer wieder. Rumänien ist mittlerweile zum weiteren Transitland geworden. Wichtigste Korridore sind die Route über Türkei-Griechenland-Nordmazedonien-Serbien und eine zweite Route über Türkei-Griechenland-Albanien-Montenegro-Bosnien und Herzegowina. Ende 2022 hielten sich die meisten Flüchtlinge und Migrant*innen in Serbien und Kosovo auf (69%) gefolgt von Bosnien-Herzegowina (25,5%).

Seit 2020 steigt die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die versuchten, über Spanien nach Europa zu kommen. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Das macht der UNHCR vor Ort:

Um die Flüchtlinge und Migrant*innen auf der Balkanroute zu schützen und tragfähige Lösungen zu bieten, richtet der UNHCR sein Hauptaugenmerk auf die Stärkung der nationalen Asylsysteme und die Förderung von Integrations- und Eingliederungsmöglichkeiten in den westlichen Balkanländern. Dies geschieht im Rahmen des Globalen Pakts für Flüchtlinge, nach dem nachhaltige Lösungen nur durch geteilte Verantwortung und Zusammenarbeit in allen Bereichen der Gesellschaft erreicht werden können.

Der UNHCR ...

  • ... leistet humanitäre Hilfe vor Ort, und versorgt die Geflüchteten mit Hilfsgütern, Unterkünften, medizinischer Versorgung etc.
  • ... setzt sich für eine Verbesserung der Asylverfahren und der Aufnahmebedingungen in der Region ein.
  • ... unterstützt gezielt hilfsbedürftige Personen, damit sie schnell Unterstützung und den Zugang zu angemessenen Aufnahmeeinrichtungen erhalten. Besonders schutzbedürftigen Personen wie Kinder, ältere Menschen oder allein reisende Mütter müssen besonders unterstützt werden. Dazu benötigt jedes Land in der Region Unterstützung.
  • ... fördert die Integration in den Erstaufnahmeländern, um die Wahrscheinlichkeit zur Weiterreise zu verringern.
  • ... drängt auf Ressetlement-Plätze in den europäischen Staaten und darauf, Flüchtlingen das Recht auf Familiennachzug zu ermöglichen. So bekämen mehr Menschen einen legalen Weg, um sich ein neues Leben in Würde aufbauen zu können.
Ihre Spende macht den Unterschied
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