Klimakrise trifft Flüchtlinge besonders hart
Stand: November 2025
Das Weltklima verändert sich schneller, als viele Prognosen erwartet haben. Dürren, Überschwemmungen, steigende Meeresspiegel und Wüstenbildung nehmen zu – mit dramatischen Folgen für Millionen Menschen.
Diese Entwicklungen verschärfen Vertreibung und belasten Geflüchtete wie Aufnahmeländer, besonders in fragilen Regionen.
30. Internationale Klimakonferenz (COP30)
Zur COP30 hat der UNHCR ein eigenes Papier erarbeitet “No escape – The way forward. Bringing climate solutions to the frontlines of displacement and conflict.”.
Auf der 30. Weltklimakonferenz, COP30, die Anfang November im brasilianischen Belem stattfindet, geht es vor allem um die konsequente Umsetzung der globalen Energiewende, die Klimafinanzierung und den besseren Schutz bedrohter Regenwälder.
Zusätzlich zu den offiziellen Regierungsvertreter*innen nehmen auch immer UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen teil. Da der Klimawandel enorme Auswirkungen auf die Fluchtbewegungen weltweit hat, ist auch der UNHCR vertreten.
Was bedeutet COP?
COP ist die Abkürzung für „Conference of the Parties“, also für eine Konferenz der Vertragsstaaten des UN Rahmenübereinkommen über die Klimakrise (United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC)).
Seit wann gibt es die COP?
1992 fand die erste Weltklimakonferenz statt, auf der sich die Teilnehmer darauf einigten etwas zur Bekämpfung der Erderwärmung zu tun. Sie schrieben das Rahmenübereinkommen UNFCCC (s.o.) Seit 1995 findet die Konferenz der Vertragsstaaten (COP) jährlich an unterschiedlichen Orten statt. Erster Austragungsort war 1995 Berlin.
2025 findet die UN-Klimakonferenz COP zum 30. Mal in Belem, Brasilien statt.
Was wurde auf den COPs bislang erreicht?
Die Verhandlungen über Klimaziele sind nicht einfach und die Umsetzung zieht sich oft über Jahre hinweg.
Das Kyoto Protokoll und das Pariser Klimaabkommen sind die wichtigsten Abkommen, die auf den Klimakonferenzen geschlossen wurden.
Das Kyoto Protokoll, trat am 16. Februar 2005 in Kraft und legte erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Treibhausgas-Ausstoß – der Hauptursache der globalen Erwärmung – in den Industrieländern fest.
Auf das Pariser Klimaabkommen wurde am 12. Dezember 2015 verabschiedet und sieht vor, die globalen Erwärmung auf „deutlich unter“ zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen und Anstrengungen für eine Begrenzung auf 1,5 Grad Celsius zu unternehmen.
Klimakrise bedroht Millionen Menschenleben
Klimakrise, Konflikte, Armut, Ernährungsunsicherheit und Vertreibung überschneiden sich zunehmend. Wiederholte Vertreibungen zerstören Lebensgrundlagen und gefährden Sicherheit, Bildung und Gesundheit.
- Rund 75 Prozent aller Geflüchteten – etwa 86 Millionen Menschen – leben in den Brennpunkten der Klimakrise, ohne die Mittel, sich an die unwirtlichen Bedingungen anzupassen.
- In den letzten 10 Jahren 250 Millionen Menschen durch klimabedingte Katastrophen zur Flucht innerhalb der Landesgrenzen gezwungen.
- 2024 gab es 150 extreme Wetterereignisse weltweit.
- Rund 45,8 Millionen Menschen verließen 2024 ihre Heimat aufgrund von Katastrophen und klimabedingten Ereignissen wie Dauerregen, langanhaltenden Dürren, Hitzewellen und Stürmen sowohl kurz- als auch langfristig - das ist fast doppelt so hoch wie der Jahresdurchschnitt der letzten 10 Jahre.
- Ein Drittel der Notfälle, bei denen der UNHCR 2024 Hilfe leisten musste, waren auf extreme Wetterereignisse zurückzuführen.
Menschen sind in Gebieten mit hohem Klimarisiko vertrieben
Menschen verlieren täglich durch klimabedingte Katastrophen ihr Zuhause
der weltweit Geflüchteten leben in den Brennpunkten der Klimakrise
Was ist richtig? Klimawandel oder Klimakrise ?
Der Begriff Klimawandel beschreibt neutral, dass sich das Klima weltweit ändert. Man kann wissenschaftlich erklären, wie es dazu kommt und welche von Menschen gemachten Faktoren zum Wandel des Klimas beitragen.
Dass der Klimawandel dramatische Auswirkungen auf die Natur und das Lebensumfeld vieler Menschen hat und sie zur Flucht aus ihren Heimatregionen zwingt, wird durch eine so neutrale Erklärungen jedoch verharmlost. In diesem Zusammenhang spricht man darum immer häufiger von der „Klimakrise“.
Naturkatastrophen nehmen zu
2024 meldete der UNHCR die höchste Zahl an Naturkatastrophen-Notfällen seit Beginn der Aufzeichnungen – die meisten davon in Ländern, die bereits von Konflikten betroffen waren.
In den letzten zehn Jahren führten wetterbedingte Katastrophen zu 250 Millionen Binnenvertreibungen – im Schnitt 670 000 pro Tag. Naturkatastrophen verursachen inzwischen mehr als dreimal so viele Vertreibungen wie Konflikte oder Gewalt.
Überschwemmungen im Tschad lösten 2024 über 1,3 Millionen Vertreibungen aus, mehr als in den 15 Jahren zuvor. Dürren und Überschwemmungen in Brasilien, Burundi, Kamerun oder Malawi trieben ebenfalls Tausende in die Flucht, während die Wüstenbildung in der Sahelzone die Verwundbarkeit weiter erhöht.
Klimawandel verschärft Konflikte
Der Klimawandel verstärkt den Druck auf knappe Ressourcen wie Wasser oder Ackerflächen. Wenn Ernten ausfallen und Lebensgrundlagen schwinden, müssen Menschen in andere Regionen ziehen – oft in bereits überlastete Gebiete.
Durch den Klimawandel entsteht ein gefährlicher Wettbewerb um das, was zum Überleben bleibt. Das birgt Konfliktpotenzial zwischen Gemeinden und gefährdet den sozialen Zusammenhalt.
Folgen der Klimakrise
Bis 2040 könnte die Zahl der Länder mit extremer Klimagefährdung von 3 auf 65 steigen – viele davon beherbergen bereits große Flüchtlingsgemeinschaften.
Diese Ballung von Klimarisiken, Vertreibung und Konflikten stellt humanitäre Organisationen vor enorme Herausforderungen.
Extreme Hitze zählt dabei zu den drängendsten Bedrohungen:
Fast alle Flüchtlingssiedlungen sind ihr ausgesetzt. Bis 2050 könnten die 15 heißesten Lager an bis zu 200 Tagen im Jahr lebensbedrohliche Temperaturen erreichen.
Ohne Investitionen in Frühwarnsysteme, Schattenzonen, reflektierende Dächer und andere Anpassungsmaßnahmen drohen schwere Gesundheitsschäden und steigende Sterblichkeit.
Praktische Lösungen – etwa kombinierte Programme aus Unterkunftsmodernisierung, erneuerbaren Energien und Aufforstung – zeigen, wie sich Hitzestress und Abholzung gleichzeitig verringern lassen.
Wer besonders betroffen ist
Die Auswirkungen der Klimakrise treffen nicht alle gleich. Geschlecht, Alter, Behinderung, rechtlicher Status und Armut bestimmen, wie stark Menschen gefährdet sind.
Kinder
Etwa eine Milliarde Kinder – fast die Hälfte weltweit – leben in Gebieten mit extremem Klimarisiko. Zwischen 2016 und 2023 kam es zu über 62 Millionen wetterbedingten Vertreibungen von Kindern.
Viele verlieren Zugang zu Bildung, Gesundheit und Schutz. In der mauretanischen Region Bassikounou mussten Kinder die Schule abbrechen, um ihre Familien zu unterstützen.
Fehlende Dokumente erschweren den Zugang zu Hilfen – in Subsahara-Afrika besitzen über 16 Millionen Kinder keine Geburtsurkunde. In dürrebetroffenen Bezirken Äthiopiens stieg die Zahl der Kinderehen um 19 Prozent.
Frauen und Mädchen
Frauen tragen oft die Hauptlast der Klimakrise. Sie beschaffen Wasser und Brennmaterial über immer längere Strecken – häufig unter Gefahr.
Nach Katastrophen steigt das Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt, und Mädchen verlieren den Zugang zu Bildung. In einigen Flüchtlingslagern greifen Frauen aus Not zu riskanten Überlebensstrategien wie Kinderehen oder Tauschgeschäften.
Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Behinderungen werden in Katastrophenvorsorge und Evakuierung oft übersehen. Fehlende barrierefreie Frühwarnsysteme und ungeschultes Personal erhöhen ihr Risiko, bei Katastrophen zurückgelassen zu werden.
Gibt es „Klimaflüchtlinge“?
Im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gibt es keine Klima- oder Umweltflüchtlinge. Denn als Flüchtling gilt im Völkerrecht jemand, der aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt und bedroht wird und darum sein Land verlässt. Menschen, die aus persönlichen oder materiellen Notlagen, wie Hunger oder die Zerstörung der Umwelt fliehen, zählen nicht dazu.
Dennoch können Naturkatastrophen oder die Zerstörung von Lebensgrundlagen durch Klimaveränderungen zu Fluchtbewegungen über Ländergrenzen führen. Im UN-Migrationspakt wird dies ausdrücklich erwähnt. Menschen haben dann einen berechtigten Anspruch auf den Flüchtlingsstatus, wenn die Auswirkungen des Klimawandels mit bewaffneten Konflikten und Gewalt zusammenwirken.
Wie der UNHCR hilft
Der UNHCR reagiert auf die Klimakrise mit Anpassungs- und Schutzmaßnahmen:
- Wasserzugang sichern: Dämme und Brunnen in Dürregebieten (z. B. Tschad)
- Energie nachhaltig nutzen: Solaranlagen in Camps reduzieren Abholzung
- Umwelt schützen: Wiederaufforstung und Bildung zu nachhaltiger Landwirtschaft
- Kooperation stärken: Lokale Gemeinschaften werden aktiv einbezogen
Flucht vor Naturkatastrophen in völkerrechtlichen Konventionen
Die OAU-Konvention von 1969 und die Erklärung von Cartagena von 1984 erweitern die Flüchtlingsdefinition nach den Erfahrungen mit Befreiungskriegen, Bürgerkriegen, Staatsstreichen, religiösen und ethnischen Konflikten sowie Naturkatastrophen, so dass auch Personen als Flüchtling zählen, die vor Klimaveränderungen oder Naturkatastrophen fliehen, die ein Überleben schwierig machen.
In der regional für Afrika geltenden völkerrechtlichen Konvention zum Schutz von Flüchtlingen der Organisation für Afrikanische Einheit, heute Afrikanische Union, von 1969 heißt es in Artikel I, Absatz 2:
"Der Begriff Flüchtling soll außerdem auf jede Person Anwendung finden, die wegen Aggression von außen, Besetzung, Fremdherrschaft oder aufgrund von Ereignissen, die die öffentliche Ordnung in einem Teil des Landes oder im gesamten Land ernsthaft stören, gezwungen ist, den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts zu verlassen, um an einem anderen Ort außerhalb ihres Landes ihrer Herkunft oder ihrer Staatszugehörigkeit Zuflucht zu suchen."
Die Erklärung von Cartagena, die von 10 lateinamerikanischen Staaten verabschiedet wurde erweitert die Flüchtlingsdefinition in Abschnitt III Absatz 3:
"Personen, die aus ihrem Land geflüchtet sind, weil ihr Leben, ihre Sicherheit oder Freiheit durch allgemeine Gewalt, den Angriff einer ausländischen Macht, interne Konflikte, massive Verletzungen der Menschenrechte oder sonstige Umstände, die zu einer ernsthaften Störung der öffentlichen Ordnung geführt haben, bedroht sind."
Welchen Standpunkt vertritt der UNHCR?
Die meisten Menschen, die gezwungen sind, ihr Zuhause im Zusammenhang mit Naturkatastrophen und dem Klimawandel zu verlassen, sind keine Flüchtlinge im völkerrechtlichen Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention.
Es kann jedoch Situationen geben, in denen die Flüchtlingskriterien der Konvention von 1951 oder die umfassenderen Flüchtlingskriterien regionaler Flüchtlingsgesetze anwendbar sein könnten: nämlich dann, wenn der Klimawandel und damit zusammenhängende Naturkatastrophen Gewalt, bewaffnete Auseinandersetzungen und Vertreibung zur Folge haben, in deren Zuge Menschen über Grenzen fliehen.
Weitere Informationen zum Standpunkt des UNHCR
Warum und wann hilft der UNHCR auch bei Naturkatastrophen?
Nach seinem Mandat hilft der UNHCR in Krisenfällen Flüchtlingen und vertriebenen Menschen mit der Bereitstellung von lebenswichtiger Versorgung mit Trinkwasser, Notunterkünften, Decken, medizinischer Hilfe und Lebensmitteln.
Aber auch im Falle von Naturkatastrophen stehen UNHCR-Nothilfeteams bereit, wenn der Einsatz praktisch umzusetzen und angemessen ist. Dies kommt vor allem in Regionen vor, in denen UNHCR Lagerbestände hat, weil dort Flüchtlinge und Vertriebene unterstützt werden und diese von den Folgen der Naturkatastrophe betroffen sind.
Ausstellung “Klimakrise und Flucht”
Was sind die Folgen des wetlweiten Klimawandels? Wie hängen die Klimakrise und Flucht zusammen? Was tun Flüchtlinge, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen?
Diese und viele andere Fragen erklärt die Ausstellung “Klimakrise und Flucht”, die kostenlos bestellt werden kann.
Flüchtlinge und die Auswirkungen auf die Umwelt
Große Flüchtlingsbewegungen können enorme negative Umweltauswirkung haben. Im Umkreis von Flüchtlingslagern und -siedlungen kann es zu Problemen kommen, wie Abholzung, Überfischung, Wilderei und dem Verbrauch ohnehin knapper Wasserressourcen. Konflikte um diese Ressourcen sind eine Gefahr für das Wohlergehen der Flüchtlinge und die Arbeit der Hilfsorganisationen vor Ort. Darum ist der Umweltschutz wichtiger denn je auch für die Arbeit von Hilfsorganisationen.
Der UNHCR bezieht Umweltaspekte in alle Bereiche der Flüchtlingshilfe ein:
- versucht die negativen Auswirkungen großer Bevölkerungsbewegungen und die Ansiedlung vieler Menschen auf die Natur zu vermeiden,
- nutzt wenn möglich klimaneutrale, umwelt- und ressourcenschonende Technologien, wie ökologische Brennöfen oder die Herstellung von Brikets, Solarstromanlagen,
- fördert die Aufforstung von geschädigten Flächen,
- versucht Schäden durch Überschwemmungen und Erdrutsche in Monsunregionen durch bauliche Maßnahmen zu vermeiden.
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